«Wir sehen uns nicht als gross an, eher klein in vielen Bereichen, aber dafür reich an Vielfalt, die uns Sicherheit gibt.» Damit ist gesagt, was die Domaine de Crévy charakterisiert: Die Vielfalt der Produktionsbereiche und der Menschen ist eine schwer messbare, aber dennoch greifbare Qualität.

Dieser Hof in Attalens ist seit 1927 in Familienbesitz. Die aktuellen Bewirtschafter nennen ihn Domaine, um zu unterstreichen, dass sie nur temporäre Besitzer des Bodens sind. Ihre Devise: «Wir benutzen keine Pflanzenschutzmittel, weder im Ackerbau noch bei den Obstbäumen – auch nicht diejenigen, die im Biolandbau zugelassen wären. Wir setzen auf Vorsorge: Fruchtfolge und Wahl der Anbaumethoden, Vielfalt und Nützlinge» verkündet Guillaume Savoy gelassen. Er, studierter Historiker und seine Frau Céline, ehemalige Physiotherapeutin, geben sich beide leidenschaftlich ihrer Domaine hin. «Der Beruf des Landwirts ist nicht so weit von dem eines Historikers entfernt. Man lebt von dem, was vorher gemacht wurde und bereitet das vor, was später sein wird.» Während einige nur daran denken zu expandieren und zu mechanisieren, fordern sie Mässigung und Selbstversorgung. Wohlverstanden: Autonomie nicht Autarkie. Oberstes Gebot auf der Domaine de Crévy hat deshalb die Kreislaufwirtschaft.
Kurze und geschlossene Kreisläufe
Kulturen und Viehzucht gehen auf der Domaine Hand in Hand. Schattenspendende Obstbäume und Alpbetrieb in der warmen Jahreszeit sind für das Wohlbefinden der Tiere von grosser Bedeutung, ebenso wie genaue Beobachtung und Prävention, was den Einsatz von Antibiotika verhindert. Die Einstreu kommt wieder auf die Felder, nachdem sie auf einem Misthaufen lag, und garantiert so die Fruchtbarkeit. Der Hof genügt sich für das Viehfutter selbst und verzichtet auf betriebsfremdes Kraftfutter. Die Kleie wird nicht als Abfallprodukt des Brotgetreides betrachtet, sondern dient als Futtermittel für die Kühe. Das stickstoffreiche Stroh aus dem Leindotter-Anbau findet im Gemüseanbau Verwendung. «Heutzutage muss sich beinahe rechtfertigen, wer in der Landwirtschaft auf Pflanzenschutzmittel verzichtet. Für uns ist dies jedoch ein zentraler Punkt, wie auch die Diversität bei den Kulturen, die Erhaltung von Sorten ohne GVO und eine Vielfalt an Geschmäckern anzubieten», meint Guillaume. «Man spricht nur von Flächen und Preisen, aber nie von Resilienz, Genügsamkeit und Langfristigkeit. Ein Hof, der alles dazukauft, ist eine Katastrophe!» Die Agrarpolitik sollte daher die Vielfalt auf einem Hof und die Autonomie bei minimalem Einsatz externer Betriebsmittel fördern.

Guillaume und Céline wirken als Magnet für viele Leute, die sich auf der Domaine engagieren. Die Arbeit aufwerten ist Teil ihrer Vision. So starteten sie 2023 ein kleines Gemüseanbau-Projekt, betreut von Nathalie, einer Angestellten der Domaine. Ihr Verständnis von Qualität umfasst nicht nur die Frische von Gemüse und eine Produktion ohne Behandlung nahe an den Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch die Schönheit von Gemüse, das sie stolz macht. Das direkt vor dem Laden gelegene Gemüsefeld macht die dort geleistete Arbeit sichtbar.
Qualität vom Anfang bis zum Ende
Das Getreide von der Domaine wird komplett mit einer Mühle vom Typ Astrié gemahlen. Das Mehl geht an Direktkunden oder Bäckerinnen und wird zu Teigwaren, Broten und Biskuits verarbeitet. «Qualität bedeutet auch, acht verschiedene Kulturen (Weizen, Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn, Buchweizen, Hafer und Leindotter) in Rotationsanbau zu haben, was dem Boden und unserer Darmflora hilft. Wir möchten die Leute wissen lassen, dass Gesundheit von der Ernährung abhängt. Zu wissen, was man isst, ist unabdingbar», erklärt Guillaume. Der Hofladen wird vor allem von Céline betreut: «Verarbeitung und direkter Verkauf von hofeigenen Produkten ist für eine wertige, qualitativ hochstehende und konsumentennahe Landwirtschaft ein Meilenstein. Bei der Qualität machen wir keine Abstriche. Beispielsweise verarbeiten wir nur Bio-Zucker eines Kollegen aus der Region, der Zuckerrüben biologisch anbaut.» In der Manufaktur neben dem Laden wird höchste Wachsamkeit gelebt, um die Einhaltung der Hygienestandards zu gewährleisten.
Auch wenn Céline und Guillaume manchmal Zweifel hatten, als sie sich in die Projekte stürzten, trägt die etwas andere Sicht ausserhalb der Hyper-Standardisierung zur Einzigartigkeit der Produkte bei. Das Modell Hofladen statt Self-service ermöglicht einen regen Austausch und Erklärungen zu den Preisen: Man findet in der Schweiz nicht überall reinen Bio-Hafer, der unter Bäumen gedeiht, zum Wohlbefinden der Essenden beiträgt und gleichzeitig den Boden schont!
Der Wert einer bäuerlichen Landwirtschaft

Die Familie Savoy findet es abwegig, den Effekt von ökologischen Ausgleichszahlungen kleinzureden. «Wir nutzen diese Beiträge, um uns widerstandsfähiger und autonomer zu machen und die Biodiversität zu fördern», stellt Guillaume klar. Aus seiner Sicht wäre es wünschenswert, Unterstützung für konkrete Ergebnisse zu erhalten, wie das Vorkommen von Zielarten die als Indikator für die Qualitätsstufe II dienen, oder sogar die Einführung einer Qualitätsstufe III sowie die Etablierung von Systemen wie dem Agroforst, die langfristig dem Klimawandel widerstehen können. Auch richtig gemachte Kontrollen sind eine Qualitätsgarantie – Die Situation lässt sich also nicht durch ihre Abschaffung verbessern. Und wie könnte sich die Schweizer Landwirtschaft weiterentwickeln? Céline weiss kein Zaubermittel, weist jedoch drauf hin, dass finanzielle Zwänge und Zeitmangel für viele ein Hindernis sind: «Die Landwirtin oder der Landwirt ist immer auf Sparflamme, was jede Veränderung erschwert. Es gibt ein bäuerliches Unbehagen, das eine Transition behindert.» Guillaume fasst es so zusammen: «Wir haben all dies für eine langfristige Bewirtschaftung aufgebaut. Wir sind überzeugt: Die Vielfalt ist Teil von Qualität. Es gibt ein Gleichgewicht zwischen Mensch, Tier und Pflanze, das unabhängig ist von der Grösse des Hofes. Es ist eher eine Grundhaltung. Hier ist eine Domaine, die sich selbst guttut».
Die Domaine de Crévy setzt auf inneren Reichtum
|