Noch immer schliessen täglich zwei bis drei Schweizer Bauernhöfe – mehrheitlich kleine und mittlere Betriebe – ihre Tore für immer. Die verbleibenden Höfe vergrössern und spezialisieren sich. Wieso verschwinden jährlich bis zu 1000 Höfe, obschon unzählige Jungbauern auf Hofsuche sind? Was sind die längerfristigen Folgen dieses landwirtschaftlichen Strukturwandels zu immer wenigeren, dafür einseitig spezialisierten Betrieben?
700 bis 1000 Bauernhöfe weniger als im Vorjahr – dies führt die landwirtschaftliche Strukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) jährlich vor Augen. Seit dem Jahr 2000 ist nahezu ein Drittel der Landwirtschaftsbetriebe verschwunden. Und das Hofsterben geht unaufhaltsam weiter. In seiner 2017 veröffentlichten Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik geht der Bundesrat auch in den nächsten 10 Jahren mindestens von einem Strukturwandel in heutigem Umfang aus.
Über die Hälfte der Betriebsleiter sind heute über 50 Jahre alt, wovon wiederum die Hälfte sagt, dass sie keinen Betriebsnachfolger haben. Das Thema Hofsterben ist somit aktueller denn je. Zugleich suchen zahlreiche junge, ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte, die keinen Betrieb innerhalb der Familie übernehmen können, jahrelang erfolglos nach Land und Hof.
Die Agrarpolitik und die jahrzehntelang propagierte Wachstumslogik führen dazu, dass Bauernhöfe beim Generationenwechsel anstatt in junge Hände übergeben, aufgelöst werden und ihr Land in bestehenden Betrieben verschwindet. Immer grössere und schwerere Traktoren verdrängen Menschen und Hände vom Land. Die Schweizer Landwirtschaft entwickelt sich so – entgegen dem Verfassungsauftrag – weg von einer bäuerlichen hinzu einer industriellen Landwirtschaft. Getreu dem Motto: «Wachse oder weiche» werden Flächen gehamstert.
Erklärvideo «Geschäft mit Bauernhöfen stoppen!»
Bestehende Betriebe vergrössern laufend ihre Flächen, die kleinen und mittleren Bauernhöfe verschwinden. Wer hat Zugang zu Land und wieso? Die Akteure im Erklärvideo «Geschäft mit Bauernhöfen stoppen!» veranschaulichen die Hintergründe des Hofsterbens.
Gewinn für wenige
Wird ein Bauernhof aufgelöst, profitieren nicht nur benachbarte Grossbetriebe: Auch die Nachkommen der Hofbesitzer verdienen am Hofsterben. Besonders in stadtnahen Gebieten, wo idyllischer Wohnraum knapp und die Einkommen hoch sind, ist die Nachfrage nach Bauernhäusern gross. Zunehmend wohnen zahlungskräftige Nicht-Bauern in alten Bauernhäusern.
Die Gewinnmaximierung von Hofeigentümern (oft Erbengemeinschaften) und das Hamstern von Land gehen heute auf Kosten von existenzfähigen kleinen und mittleren Betrieben. Diese Entwicklung hemmt die Vielfalt und die Innovation in der Landwirtschaft und reduziert die Auswahl an regionalen Produkten für die Konsumentinnen und Konsumenten laufend.
Die Hürden der ausserfamiliären Hofübergabe: Detailliertes Hintergrunddossier vom Juli 2016
Erklärvideo «Strukturvielfalt sichert unsere Ernährung»
Mit dem im Jahr 2017 angenommenen Gegenvorschlag zur Initiative für Ernährungssicherheit ist nun ein ausgewogenes Ernährungskonzept von der Heu- bis zur Essgabel in der Verfassung verankert. Doch welche Art von Landwirtschaft soll unsere Ernährung langfristig sichern? Unser Video erklärt, warum Strukturvielfalt dabei eine entscheidende Rolle spielt.
Problem der einseitigen Spezialisierung
Kapitalintensive Grossbetriebe fokussieren sich auf wenige Betriebszweige und nehmen wegen hohen Investitionen grosse finanzielle Risiken auf sich: Solch einseitig spezialisierte Betriebe können Ernteeinbussen und Preisschwankungen jedoch kaum abfedern. Damit ist nicht nur ihr privates Betriebseinkommen in Gefahr, sondern langfristig auch unsere regionale Versorgung mit Lebensmitteln. Kleine und mittlere Bauernbetriebe, die auf mehrere Betriebszweige und auf Konsumentennähe setzen, sind resilienter und deshalb langfristig existenzfähiger. Im Gegensatz zu spezialisierten Unternehmen bringen sie Vielfalt in die Regionen, auf den Acker und in den Teller.
Bauernhöfe weitergeben!
Da immer weniger Betriebsleitende mit einer Hofübergabe innerhalb der Familie rechnen können, ist es wichtig, dass ausserfamiliäre Hofübergaben gefördert werden. Die Ära des Wachsen oder Weichen ist vorbei: Nun müssen alle Kräfte gebündelt werden, um langfristig eine vielfältige und bäuerliche Landwirtschaft zu sichern. Der Kleinbauern-Vereinigung ist es ein Anliegen, dass heute die Betriebe von morgen übergeben werden. Deshalb betreut die Kleinbauern-Vereinigung die «Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergaben» und vermittelt Hofsuchende an Hofabgebende. Zudem engagieren wir uns mit politischer Arbeit für besseren Zugang zu Land und für mehr Strukturvielfalt.
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