Gemeinsam die Böden langfristig verbessern

Landwirtschaftliche Berater und wissenschaftliche Partner ermittelten für jeden Betrieb Massnahmen für die Bodenbedeckung, die Einbringung organischer Bodenverbesserungsmittel, die Bodenbearbeitung und die Bekämpfung der Verdichtung – für einen tiefgreifenden, nachhaltigen Wandel.

Foto: PASCAL LUDER

Im Rahmen des Ressourcenprogramms des Bundes haben die Kantone Jura und Bern sowie die Stiftung Fondation rurale interjurassienne (FRI) 2019 das Projekt Terres Vivantes / Lebendige Böden im Jura und im Berner Jura ins Leben gerufen. Im Anschluss an ein BodenLuftWasser-Projekt wurde dem Boden besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Grund? Die physikalische Struktur der Böden hat sich verschlechtert und es fehlt ihnen an organischer Substanz. Das auf acht Jahre angelegte Projekt wird zu 80 % vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) finanziert.

Gespräche auf Augenhöhe

Terres Vivantes will die Resilienz und Fruchtbarkeit der Böden auf 10 % der Ackerflächen in der Region (3000 ha) langfristig verbessern. Das Ziel sollte dank der Entwicklung standortangepasster Massnahmen und deren nachhaltiger Einführung erreicht werden. Die Partner – Landwirtinnen, Berater und die Wissenschaft – konnten auf einen passenden Kommunikationsraum zählen. In den Arbeitskreisen sprachen alle auf Augenhöhe miteinander. «Die Landwirte in ihrer vertrauten Umgebung und die Wissenschaftlerinnen mit ihren Grafiken standen in ihren Stiefeln auf denselben Feldern und nahmen mit ihren Händen in derselben Erde Proben», stellt Amélie Fietier, Mitverantwortliche für das Projekt, erfreut fest. «Wir wollten nichts vorschreiben, sondern eine konservierende Landwirtschaft fördern, gemeinsam beobachten, was funktioniert und was nicht, und nicht nur einen finanziellen Anreiz bieten. Wir wollten kleine, aber langfristig verankerte Veränderungen.» Die Teilnehmenden waren verpflichtet, sich jedes Jahr Zeit für den Austausch und individuelle Beobachtungen zu nehmen mit einem Anfangs-, Zwischen- und Abschlussmonitoring auf zwei Parzellen, begleitet von Wissenschaftlern, welche die bodenphysikalischen Eigenschaften und Populationen von Laufkäfern und Regenwürmern u. a. mit Spatentests ermittelten. Jedoch wurde niemand gezwungen, Massnahmen umzusetzen. Christophe Mornod, Leiter der Ferme du Beurnez, eines 57 ha grossen konventionellen Betriebs im Berner Jura, erzählt: «Von Anfang an festzustellen, dass meine Böden nicht in einem katastrophal schlechten Zustand waren, und zu sehen, dass sich das Projekt entsprechend den tatsächlichen Bedürfnissen der Landwirte entwickelte, hat mich motiviert. Ich habe mir gesagt: Wenn meine Böden bereits in recht gutem Zustand sind, warum sie nicht noch besser machen?»

Neugier als Motor des Lernens

85 landwirtschaftliche Betriebe machten mit bei Terres Vivantes. «Ehrlich gesagt habe ich mich anfangs mehr wegen der finanziellen Vorteile wie der Unterstützung bei der Anschaffung von Geräten informiert», gesteht Christophe Mornod. «Dann sah ich, dass das Projekt den Ackerbau, den ich liebe, behandelt. Zudem entsprach es meinen eigenen Überzeugungen über den Boden.» Ein paar Kilometer entfernt bewirtschaftet Thomas Scheidegger einen Bio-Betrieb mit 38 ha, davon 8 ha Ackerland. «Ich war schon immer neugierig und wollte neue Dinge lernen. Die Idee, mehr über den Boden zu erfahren, gefiel mir. Sechs Jahre lang haben wir uns Zeit genommen für Dinge, die sonst ‹vergessen› gehen, und viele praktische Tests durchgeführt. In den Gruppensitzungen haben wir verschiedene Hangexpositionen besucht, Baumwolle für etwa zwei Monate vergruben, um zu sehen, wie sie von den Mikroorganismen im Boden zersetzt wird. «Wenn man die Unterhose wieder herausholt und sie fast zu einem Tanga geworden ist», lacht Christophe Mornod, «denkt man, dass da unten ordentlich gearbeitet wird, und es macht Spass, das zu sehen!» Er hat nun immer einen Spaten im Auto, damit er einen Test machen kann, bevor er entscheidet, ob er pflügen soll oder nicht. Er hat seinem Lehrling gezeigt, wie man eine Spatenprobe durchführt, und samstags macht er regelmässig mit seinem 14-jährigen Sohn eine Spatenprobe. Auch seinen Vater, der ihm den Hof übergeben hat, hat er inzwischen überzeugt, den Boden unter bestimmten Bedingungen weniger umzupflügen.

Unterstützung im Austausch

«Terres Vivantes hat mir Vieles über den Boden beigebracht, ich habe andere Maschinen und Arbeitsweisen kennengelernt, die im Biolandbau einsetzbar sind», freut sich Thomas Scheidegger. «Ich habe eine Menge Hecken zu pflegen und gelernt, wie ich die zerkleinerten Zweige wiederverwenden kann. Auch wenn es kurzfristig keine Nährstoffe bringt, verbessert es langfristig meine Böden». Die Nützlichkeit der Bodenbedeckung ist eine der Lehren aus dem Projekt, als Ausgleich für die Bodenbearbeitung, die im Bio-Landbau nicht immer verringert werden kann. Christophe Mornod bedauert das Ende des Projekts vor allem wegen des menschlichen Aspekts. «Der Austausch war eine echte moralische Unterstützung. In dieser Gruppe von Enthusiasten jeden Alters haben wir uns alles erzählt, sogar, was wir falsch gemacht haben. Es war mehr als nur: Was würdest du an meiner Stelle tun? Wir wurden ermutigt, in einem schwierigen Jahr einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht alles auf uns selbst zu schieben. Letztendlich ist es nicht deine Schuld, wenn z. B. das Wetter schlecht ist, du musst es akzeptieren und dich damit abfinden.» Er hofft, dass es auch weiterhin informelle Kontakte mit den Beratern geben wird. Der Praxisteil des Projekts Terres Vivantes endete 2024. In den nächsten zwei Jahren werden die gesammelten Daten analysiert. Der Beratungsdienst der FRI wird die Erkenntnisse aktiv an alle Bäuerinnen und Bauern vermitteln. Das BLW stützt sich auf solche Ressourcenprojekte für die Erarbeitung der künftigen Agrarpolitik. Zumindest auf den Feldern scheinen einige der Praktiken, die im Rahmen dieses Projekts ausgetauscht wurden, nun allgemein akzeptiert worden zu sein.

  • Dieser Artikel erschien in der Agricultura-Ausgabe 4/2024. Autorin: Anne Berger

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