Rudolf und Margrit Blum sowie Alexis und Catherine Corthay haben den Schritt zum ausserfamiliären Generationenwechsel gewagt. Im Gespräch mit diesen Hofabgebenden und mit Stephan Küttel, Blums Nachfolger, wird deutlich: Hofübergaben sind mehr als juristische und wirtschaftliche Transaktionen. Sie markieren einen Wendepunkt im Leben der Beteiligten.

Auf der Suche nach einer geeigneten Nachfolge luden Blums Verschiedene Familien zur Besichtigung ihres Hofes Hötschigen ein. Trotz grossem Interesse an dem schön gelegenen Hof am Tor zum Emmental scheiterte die Übergabe meist an den finanziellen Mitteln der Hofsuchenden. Renovationsarbeiten im Bauernhaus standen an, und der Hof mit den verbleibenden 10 ha Eigenland bot kaum eine komfortable Perspektive als Vollerwerb für eine Familie. Für den Nachfolger Stephan Küttel entsprach der Hof jedoch genau seinen Vorstellungen. Nach einer erfolgreichen Berufslaufbahn als Käser hatten er und seine Frau sich mit über 50 Jahren dazu entschieden, den lebenslangen Traum eines landwirtschaftlichen Betriebs zu verwirklichen. Die monatelange Suche nach dem passenden Hof endete mit dem Telefonanruf von Blums: «Uns war schnell klar: Das passt!» Stephan begann bereits nach ein paar Wochen auf dem Hof mitzuhelfen und nach einem halben Jahr wurde der Verkaufsvertrag unterschrieben.
Ein Familienbetrieb öffnet die Türen
«Wir hätten die Felder verkaufen und die Gebäude für Pferdehaltung vermieten können, das wäre sicher lukrativer gewesen. Aber wir wollten, dass der Betrieb weiterlebt» erklären die Corthays ihre Entscheidung zur ausserfamiliären Verpachtung des Hofes. Als ihr Sohn sich 2014 aus der Landwirtschaft zurückzog, übergaben sie den Betrieb an eine Gruppe junger Hofsuchender. Im malerischen Innenhof der Touvière herrscht nun selbst im Winter emsiges Treiben. Der Hofladen bringt täglich dutzende Besucher auf den Hof. Vieles hat sich verändert, seit Alexis Corthay auf dem Familienbetrieb grossflächig Getreide, Kartoffeln, Reben und Obst anbaute. Die heutigen Pächterinnen betreiben nebst Gemüsebau, Apfelhainen und Reben verschiedene Spezialkulturen und halten Hühner und Schweine. Bis vor kurzem teilte sich die als GmbH organisierte Gruppe den Hof mit einer unabhängigen Genossenschaft, die 60 Milchziegen hielt und Molkereiprodukte herstellte. Letztere musste ihre Produktion aber Ende vergangenen Jahres einstellen, aufgrund fehlender Rentabilität. Dass die Pächter den Hof komplett neugestalteten, sehen die Corthays primär als Chance. Dadurch, dass heute andere Betriebszweige gewichtet würden, falle die Abgrenzung zum Hofgeschehen leichter. Da er und seine Frau auch nach der Übergabe weiter auf dem Hof wohnen, kämen aber trotzdem manchmal Schuldgefühle auf, wenn draussen hart gearbeitet werde.
Veränderungen akzeptieren

Auf dem Hof Hötschigen hielt die Familie Blum bis zur Hofübergabe zwanzig Milchkühe. Nun steht eine Aubrac-Herde auf der Weide: Mutterkühe, Kälber und Stiere tummeln sich um Hofgescheden Hofnachfolger und lassen sich den Kopf kraulen. Sowohl Stephan Küttel wie auch der frühere Landwirt Rudolf Blum hätten sich gewünscht, dass die Milchproduktion weitergeführt werden könnte. Zwei Jahre nach der Übernahme entschied sich Stephan aber schlussendlich für Mutterkuhhaltung. Angeregt durch Kurse zu Permakultur erprobt Stephan nun extensive Methoden der Weidebewirtschaftung: Er beschränkt die Anzahl Schnitte pro Jahr und lässt die Rinder in meterhohem Gras weiden, wodurch auf dem Boden eine Mulchschicht entsteht. Gemessen an der Insektenvielfalt und der Wasserinfiltration haben seine Methoden Erfolg. Für Rudolf, der seit der Hofübergabe im Stöckli wohnt, ist das hohe Weidegras jedoch ungewohnt. Da müsse er einfach darüber hinwegsehen, meint er. «Kompromisse muss es ja von beiden Seiten her geben.» Stephan hat für die kommenden Jahre grössere Investitionen in sein «Heimetli» geplant: einen neuen Auslaufstall für seine behornten Kühe sowie einen Teich zur Wasserspeicherung. «Ein neuer Stall trägt zur Zukunft dieses Kleinbetriebs bei», sagt er. Und dass dieser einmal als eigenständiger Betrieb weitergeführt wird, liegt auch Stephan am Herzen.
Erhalt des Betriebs als Priorität
Als Eigentümer sind Alexis und Catherine Corthay noch immer eng mit dem Hof verbunden. Ihn einmal ganz zu verkaufen, können sie sich momentan nicht vorstellen. Ihr Lebenswerk und ihre Familiengeschichte sind in den Steinmauern der Touvière eingraviert. Wie wird es weitergehen, wenn der Hof einst der nächsten Generation vererbt wird? Dass die Ziegenkäseproduktion auf der Touvière nun nach 10 Jahren eingestellt wird, zeuge zwar von der Zerbrechlichkeit des errungenen Gleichgewichts. Aber aus der bewegten Geschichte der Touvière haben die Corthays gelernt, dass das Ende eines Abschnittes auch Türen für neue Projekte öffnet. Den Hof in fremde Hände zu geben, ist mit Risiken verbunden und braucht Mut und Offenheit. «Es fehlt an öffentlicher Unterstützung in Form von Beratung und finanzieller Absicherung », bedauert Alexis Corthay. Aber die Corthays und Blums sind sich einig: Obschon das Loslassen nicht immer einfach fällt, würden sie sich wieder für den Erhalt des Betriebs und für eine ausserfamiliäre Hofübergabe entscheiden.