Wasserverfügbarkeit in den Alpen: Ein Erfahrungsbericht

Was wir in der Schweiz lange für selbstverständlich nahmen, ist es nicht mehr: Die Wasserverfügbarkeit in den Alpen. Immer öfter gibt es entweder zu viel oder zu wenig davon. Ein Erfahrungsbericht zeigt, was auf uns zukommt – und welche Anpassungsstrategien nötig sind.

Panorama des Aletschgletschers - Gletscher sind eine der grossen Wasserspeicher in den Alpen
Gletscher und Schnee in den Bergen sind Wasserspeicher und sorgen für konstante Abflüsse über die Sommermonate – fehlen sie, fehlt das Wasser. Auch das Grundwasser ist in vielen Talebenen eng mit den Oberflächengewässern verbunden. Bildquelle: Istock/Dennisvdw

Sommer 2014: Zu viel Wasser

Unseren ersten Alpsommer verbrachten wir 2014 im Saanenland – es sollte als das Jahr mit dem «verregneten Sommer» in die Statistik eingehen. Die Monate Juni, Juli und August brachten hohe Niederschlagsmengen, die Sonnentage waren rar. Die Weiden, aufgeweicht vom vielen Wasser und durch die Tritte der Tiere in Mittleidenschaft gezogen, zeigten noch zwei Jahre später tiefe Furchen. Die Grasnarbe braucht auf dieser Höhenstufe lange, um sich zu erholen. Auch die Wasserqualität wurde zum Problem – zeitweise kam das Wasser trüb aus der Leitung, was uns in der Käserei vor Herausforderungen stellte.

Sommer 2015: Zu wenig Wasser

Nur ein Jahr später eine komplett andere Situation: 2015 ist der drittwärmste Sommer seit Messbeginn. Wir sind wieder auf der Alp, diesmal im Kandertal, und es herrscht Sommertrockenheit. Das Futter für die Tiere wird knapp, weil das Gras nicht wächst. Und wie viele andere Quellen im Alpenraum führt auch unsere wenig Wasser. Den 15-Liter-Eimer zu füllen, ist eine Geduldsprobe, und das (zu) warme Wasser für die Milchkühlung ein Problem. Was wir von erfahrenen Älplerinnen gelernt haben, wird zur Notwendigkeit: Die sparsame und mehrfache Verwendung von Wasser. Wir sind dankbar für unsere überschaubare Alp mit Eimermelkanlage, kurzen Wegen und handwerklicher Produktion, die einen bedeutend niedrigeren Wasserbedarf hat als eine moderne Alpkäserei mit Rohrmelkanlage und langen Milchleitungen.

Wasserauffangbecken mit mit 250 m3 Fassungsvolumen - ein Beispiel dafür, wie die Wasserverfügbarkeit in den Bergen verbessert werden kann.
Die Alp Le Suchet im Waadtländer Jura hat keine eigenen Quellen und ist deshalb auf Regen- und Schmelzwasser angewiesen. Zunehmende Trockenheit führte zu Weideverlusten und häufigeren Wassertransporten. Der neue Speichersee verbessert die Eigenversorgung, Solarpumpen verteilen das Wasser auf die Weiden. Bildquelle: Agridea

Zwei Sommer, zwei Extreme

Was früher als statistischer Ausreisser galt, ist heute Teil der Realität: Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen treten häufiger und intensiver auf. Laut der Klima-Risikoanalyse Schweiz des Bundesamts für Umwelt (BAFU, 2025) wird bis 2060 im Sommer bis zu ein Viertel weniger Regen fallen, während Trockenperioden länger dauern. Die Niederschläge verschieben sich in den Winter, fallen dort aber vermehrt als Regen statt Schnee – mit Folgen für die Wasserreserven im Frühsommer. Gleichzeitig schmelzen die Gletscher, deren Schmelzwasser bisher auch in extremen Sommern als verlässlicher Puffer dient.

Wassermanagement wird nötig

Die trockenen Sommer der letzten Jahre machten eine verbesserte Wasserversorgung für immer mehr Alpbetriebe zum Thema. AGRIDEA und die Schweizer Berghilfe haben anhand von fünf Praxisbeispielen mögliche Massnahmen für die Alpwirtschaft zusammengetragen. Diese umfassen unter anderem:

  • Verbesserte Wasserspeicherung, z. B. mittels Zisternen oder Speicherbecken
  • Neue Quellenfassungen, Wasserleitungen und -pumpe
  • Angepasste Weideführung
  • Angepasste Wahl der Tiere, insbesondere in Bezug auf Hitzetoleranz und Wasserbedarf
  • Dieser Artikel erschien in der Agricultura-Ausgabe 4/2025. Autorin: Annemarie Raemy

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