Séverine Curiger und Michael Dick bewirtschaften den Hof Gravas im Kanton Graubünden bereits jetzt möglichst klimafreundlich, mit standortangepassten Rassen, pflugloser Bodenbearbeitung und einem kleinen Maschinenpark. Weitere Projekte stehe an: Die Spezialisierung auf Milchgeissen, der ressourcenschonende Stallanbau mit Hofkäserei und das Anlegen einer Futterhecke. «In dieser Krise sollten alle nach ihren Möglichkeiten einen Beitrag zu einer klimafreundlichen Zukunft leisten.»
Hof Gravas, Tinizong (GR)
Landwirtschaft im Sinne der Agrikultur, das ist der Ansatz von Séverine Curiger und Michael Dick. Im Mai 2018 haben sie den Hof Gravas auf 1212 m. ü. M. ausserfamiliär übernommen. Seither richten sie ihren Biohof konsequent neu aus. Pflegerische Arbeiten sind ihnen dabei genauso wichtig wie die Lebensmittelproduktion, fruchtbare Böden und eine vielfältige Landschaft das Ziel. Auf dem Hof Gravas leben Mutterkühe und Milchziegen, die den Sommer auf der Alp im Val d’Err verbringen und im Winter nur betriebseigenes Futter fressen. Auf den ackerfähigen Flächen bauen Séverine und Michael Ackerbau Speisegerste, Kornblumen und Kräutern an. Ihre handwerklich hergestellten Bioprodukte wie der Geisskäse, die Seifen aus Ziegenmolke, Essig oder Tees vermarkten sie direkt. Ein weiteres Anliegen der beiden ist ein klimafreundlicher Hof: Mit standortangepassten Rassen, pflugloser Bodenbearbeitung, einem kleinen Maschinenpark sowie dem Plan, den Tierbestand künftig zu reduzieren, arbeiten sie in diese Richtung.
Neue Projekt stehen zudem an. Der Hof Gravas ist Pilotbetrieb des Projekts «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden». Ein Glücksfall, wie Séverine erzählt: «Das Projekt spielt auf dem Weg hin zu einem möglichst klimafreundlichen Bauernhof eine wichtige Rolle. Wir können uns weiterbilden und mit Gleichgesinnten austauschen. Das ist sehr wertvoll. Alle Pilotbetriebe wurden bilanziert, d.h. es wurde modellhaft errechnet, wie viel Treibhausgase in CO2 -Äquivalenten sie jährlich ausstossen. Das hat uns eine neue Perspektive auf den Hof ermöglicht. Die Begleitung durch die Wissenschaft und die breite Abstützung machen das Projekt einzigartig.» Künftig wollen sich Séverine und Michael auf Milchgeissen spezialisieren und planen einen Stallanbau mit Hofkäserei. Ein ressourcenschonender Umbau, der möglichst wenig graue Energie verursacht, ist planerisch sehr herausfordernd und braucht Zeit, Wille und Wissen. «Der Klimagedanke existiert kaum in der Baubranche», erzählt Séverine. «Und absurderweise sind die Kosten für ökologische Lösungen oft höher.» Séverine und Michael setzen auf einheimische, umweltfreundliche Materialien und das regionale Gewerbe. Ein weiteres Projekt ist die Pflanzung einer Futterhecke für die Ziegen. Dies mit dem Ziel, einerseits das wesensgerechte Futterangebot für die Ziegen – sie könnten bis zu 60 % der Fütterungsration in Form von Gehölz fressen – und die Vielfalt an Lebensräumen zu erhöhen. Andererseits sollen damit das Wasserspeichervermögen in den Böden und das Mikroklima verbessert werden, um die Verdunstung zu verringern. Niederschläge werden in Zukunft eher seltener, dafür in konzentrierter Form auftreten. Darauf wollen sich Séverine und Michael vorbereiten.
Vier Höfe, vier mögliche WegeEs gibt eine Vielzahl an Betrieben, die sich aktiv mit dem Klimawandel, dessen Auswirkungen und ihrem eigenen Handlungsspielraum auseinandersetzen. Sie wollen Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten. Schliesslich geht es dabei um nichts weniger als die Zukunft. Sie verfolgen das Ziel einer resilienten, also widerstands- und anpassungsfähigen Landwirtschaft. So vielfältig die Höfe sind, so individuell können die Ansätze sein. Mit vier Hofporträts aus verschiedenen Teilen der Schweiz zeigt die Kleinbauern-Vereinigung, dass vieles möglich ist, die Lösungen durchaus wirtschaftlich sind und auch die Konsumentinnen und Konsumenten mitziehen. |