Die Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT) zieht ein klares Fazit: Als Pfeiler der Ernährungssicherheit muss die Agrobiodiversität dringend wiederhergestellt werden. Dabei ist das Schicksal der kleinen und mittelgrossen Landwirtschaftsbetriebe und das der globalen Agrobiodiversität eng miteinander verbunden. Ein neues Faktenblatt der SCNAT dokumentiert den Rückgang der globalen Agrobiodiversität und seine Folgen und zeigt Massnahmen für Politik und Wirtschaft auf.
Die Globalisierung der industriellen Landwirtschaft sowie die Uniformität und Normierung von Lebensmitteln haben die Agrobiodiversität massiv reduziert. Die Akademie der Naturwissenschaft (SCNAT) dokumentiert: Nur drei Pflanzensorten (Reis, Mais und Weizen) liefern heute die Hälfte der pflanzlichen Kalorien. 93 Prozent des Fleisches stammt von Schwein, Geflügel, Rind und Büffel. In Europa und Nordamerika machen zudem Holstein-Rinder 60 bis 90 Prozent aller Milchkühe aus.
Dabei ist die Agrobiodiversität das Fundament der Ernährungssicherheit, führt die SCNAT weiter aus. Der Anbau und die Zucht von diversen Arten, Sorten und Rassen von Tieren und Pflanzen mindere die Risiken durch Klimaextreme, Schädlingsbefall und Krankheiten. Der Anbau und Konsum einer breiten Palette lokaler Nutzpflanzen sorge zudem für eine gesunde Ernährung. Hüter der verbliebenen Vielfalt sind kleine Bauernbetriebe, so die SCNAT. Diese liegen oft eingepfercht zwischen Monokulturen, produzieren aber auf rund einem Viertel der landwirtschaftlichen Fläche die Hälfte der Nahrungskalorien. Sie seien deshalb eher Wegbereiter von nachhaltigeren Ernährungssystemen als Anwender veralteter Bewirtschaftungssysteme.
Das Schicksal der kleinen und mittleren Betriebe sei deshalb eng mit der weltweiten Agrobiodiversität verknüpft. Das Faktenblatt der SCNAT, an dem sich Forscherinnen und Forscher des Centre for Development and Environment (CDE) der Universität Bern sowie des Forums Biodiversität beteiligten, gibt deshalb folgende Empfehlungen an die Politik: Die Lebensmittelproduktion soll so unterstützt werden, dass die Agrobiodiversität und jene Betriebe, welche sie fördern, sich entwickeln können. Dabei gelte es, das im 20. Jahrhundert vorherrschende Paradigma der Gleichförmigkeit durch ein Paradigma der Vielfalt für das 21. Jahrhundert zu ersetzen, etwa durch den Aufbau eines globalen Saatgutsystems, das auf freier Nutzung und auf Austausch beruht.
Der Schweiz komme eine besondere Verantwortung zu, da grosse Unternehmen in den Bereichen Nahrung, landwirtschaftlichem Handel, Agrochemikalien und Saatgut ihren Sitz in der Schweiz haben. Ihr Geschäftsmodell hänge zurzeit noch vom kontinuierlichen Ausbau eines auf Monokulturen basierenden Nahrungssystems ab, das eine direkte Bedrohung für die Agrobiodiversität darstellt.