«Die Regio Challenge schärft die Sinne wunderbar»

Zum dritten Mal in Folge führte die Kleinbauern-Vereinigung im September 2021 die Aktionswoche «Regio Challenge» durch. Doch was heisst es konkret, eine Woche lang möglichst oft zu essen und zu trinken, was im Umkreis einer Velotour (ca. 30km) entstanden ist? Die Familien- und Food-Bloggerin Rita Angelone machte zum zweiten Mal mit bei der Regio Challenge und teilt ihre persönlichen Erfahrungen mit uns.

Familien- und Food-Bloggerin Rita Angelone

Rita Angelone wohnt mit ihrem Mann und zwei Teenager-Söhnen am Stadtrand von Zürich und gründete vor über zehn Jahren «Die Angelones», einen der ersten Familienblogs der Schweiz. Inzwischen besuchen über 50’000 Personen monatlich den Blog und lassen sich von Rita zu Ausflugstipps, Rezeptideen oder gesellschaftspolitischen Denkanstössen inspirieren. Für die gebürtige Glarnerin mit italienischen Wurzeln ist Kochen schon lange eine grosse Leidenschaft. Nach dem ersten positiven Fazit zur Regio Challenge 2020 stand für Rita deshalb fest: Auch dieses Jahr würde sie die Herausforderung wieder annehmen und sich eine Woche lang vertieft mit den Hintergründen der Lebensmittelproduktion auseinandersetzen.

 

Rita, was ist euch generell beim Einkaufen von Lebensmitteln wichtig?
Früher habe ich mir dazu definitiv weniger Gedanken gemacht. Doch seit ich Mutter bin und eine Familie habe, achte ich beim Einkaufen und Kochen viel stärker auf Gesundheit, Saisonalität und die Herkunft der Produkte. Anfänglich war ich recht überfordert und musste mich bei der Menüplanung an Saisontabellen halten. Es ist nicht einfach, bei dem dauerhaften Überangebot an Lebensmitteln noch zu wissen, wann welche Gemüse- und Früchtesorten Saison haben. Unterdessen sind meine verloren gegangenen Kenntnisse aber wieder da. Auch kaufe ich je länger je weniger Fertigprodukte und mache vieles von A bis Z selber.

Ihr habt bereits letztes Jahr an der Regio Challenge mitgemacht. Wie waren eure ersten Erfahrungen?
Letztes Jahr schien mir die Aufgabe schier unmöglich lösbar. Ich war überfordert und zu Beginn richtig blockiert. Dank den vielen Wochenmärkten und Hofläden in Zürich, die ich alle abklapperte, war die Challenge zwar immer noch recht herausfordernd, aber grundsätzlich machbar – Flexibilität, Kreativität und viel, viel Zeit vorausgesetzt. Die Erfahrungen aus der ersten Regio-Challenge-Teilnahme waren sehr lehrreich und wertvoll.

Rita Angelones Abendessen an Tag 1 der Regio Challenge 2021: Pflaumenwähe

Warum habt ihr euch entschieden, ein weiteres Mal an der Regio Challenge mitzumachen?
Die Regio Challenge ist ein guter Aufhänger, um sich wieder zu motivieren, sich neue Ziele zu setzen und Neues dazuzulernen. Alte Gewohnheiten schleichen sich rasch wieder ein, aber die nächste Challenge-Woche schärft die Sinne wunderbar wieder! Dieses Jahr lagen unsere Schwerpunkte darauf, besondere lokale «Perlen» zu finden, die sich nebst ihrem Engagement für regionale Produkte auch sonst noch sozial engagieren. Zum Beispiel die Stiftung St. Jakob, der BachserMärt oder das Restaurant Bei Babette in Zürich.

War es im zweiten Jahr einfacher? Gab es nochmals Neuentdeckungen?
Ja, im zweiten Jahr haben wir es als einfacher empfunden. Ich wusste ja schon, wo und wann in der Stadt welche Märkte, Hofläden etc. zu finden sind. Auch weiss ich nun besser, welche Art von Rezepten sich gut eignen für das Kochen mit lokalen Zutaten. Es sind dies hauptsächlich Rezepte aus Grossmutters Küche oder einfache Hausmannskost. Die Bezugsquellen, die wir letztes Jahr kennengelernt haben, haben wir natürlich seither beibehalten. Das ist genau das Schöne an dieser Challenge! Eine spannende Neuentdeckung war dieses Jahr der Alpomat. Es ist nicht so, dass ich ihn noch nicht kannte. Aber ich war bis dato immer an ihm vorbeigelaufen, ohne mir Gedanken zu machen, was das für ein Angebot ist. Dank der Regio Challenge habe ich mich darauf eingelassen und ein paar Produkte ausprobiert. Das Konzept ist bestechend gut und ich hoffe, dass es schon bald mehr Alpomaten in der ganzen Schweiz gibt!

Ihr habt euch für die diesjährige Challenge jeden Abend ein neues Rezept ausgedacht. Bei welchem Gericht war die Zutatenbeschaffung am schwierigsten?
Hält man sich an die guten alten Grossmutter-Rezepte, funktioniert es eigentlich sehr gut. Dennoch: Eine einfache saisonale Pflaumenwähe, deren Zubereitung relativ simpel ist, braucht Zutaten wie Salz und Hefe für den Teig, Zucker, gemahlene Mandeln… Und schon hat man die Joker gesetzt! Beim Zucker haben wir uns zum Beispiel gefragt, wie das ist, wenn zwar im Kanton Zürich Zuckerrüben angepflanzt werden, aber die Zuckerverarbeitung im Kanton Thurgau stattfindet. Gilt das noch als lokal? Mit der Auseinandersetzung genau solcher Fragen lernt man so viel! Und manchmal ist es auch okay, den Fünfer gerade stehen zu lassen.

Regio Challenge Tag 3: Rita Angelones selbst gebackenes Nussbrot mit Baumnüssen aus dem Alpomaten in Zürich

Welches waren dieses Jahr eure Joker?
Kaffee, Schokolade, Salz – das waren unsere Dauerjoker. Doch auch hier haben wir dank der Challenge dazu gelernt. Klar wachsen in der Schweiz keine Kaffee- oder Kakaobohnen. Aber es gibt gerade hier in Zürich ganz tolle, kleine, lokale Kaffee- und Schokoladenproduzenten, die ökologisch angebaute Rohstoffe verarbeiten und diese direkt bei Landwirten im Süden beziehen. Wenn schon Kaffee oder Schokolade, dann doch die, die hier vor der Türe verarbeitet wird, oder?

Regionale Produkte bedeuten nicht automatisch, dass sie auch ökologisch sind. Was ist euch wichtiger, Regionalität oder Nachhaltigkeitslabels?
Für uns muss der Mix stimmen. Lokal macht für uns nur dann Sinn, wenn der Produzent auch im weiteren Sinn nachhaltig denkt und seine Tiere z.B. auch mit lokalem Futter füttert, oder der Bäcker das Mehl ebenfalls lokal bezieht. Manchmal überwiegt der Anteil «lokal», manchmal überwiegt der Anteil «ökologisch» oder «soziales Engagement».

Was war dein persönliches Highlight bei dieser Challenge?
Diese eher spielerische und kompetitive Auseinandersetzung über eine Challenge regt dazu an, viel zu hinterfragen und den Horizont zu erweitern. Davon profitierten vor allem auch unsere Jungs, die seit der letzten Teilnahme auch immer wieder fragen, woher die Sachen kommen. Da wird mir so richtig bewusst, dass wir doch schon einiges bewirkt haben.

  • AutorIn Patricia Mariani

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