SlowGrow gewinnt Prix Climat 2022

Die Klima-Allianz hat heute zum ersten Mal den Prix Climat für klimafreundliche Landwirtschaft vergeben. Die siebenköpfige Fachjury hat aus den sechs Finalistinnen und Finalisten den Betrieb SlowGrow mit ihrer Mosaiklandwirtschaft aus Mönchaltorf (ZH) zum Sieger gewählt. Der Publikumspreis geht an das Projekt «Herbstzeitlose» von Marlen und Stephan Koch in Root (LU).

Die Lebensmittelproduktion ist nicht nur Mitverursacherin der Klimakrise, sondern auch ein wichtiger Teil der Lösung. Mit der Verleihung des Prix Climat stellt die Klima-Allianz Schweiz die wegweisenden Ansätze von klimafreundlichen Landwirtinnen und Landwirten ins Schaufenster. Ihre Pionierarbeit soll andere Bäuerinnen und Bauern dazu ermuntern, ebenfalls auf klimaschonende und nachhaltige Anbaumethoden umzustellen. «Es gibt nicht den einen Weg hin zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Trumpf ist vielmehr die Vielfalt der ökologischen Ansätze», erklärt Hans Rudolf Herren, Träger des Welternährungspreis und Gründer der Stiftung Biovision, an der Preisverleihung.

Mosaiklandwirtschaft überzeugt

Die siebenköpfige Fachjury hat den Betrieb SlowGrow zum Gewinner des Prix Climat 2022 gekürt. Auf ihrem Betrieb in Mönchaltdorf im Zürcher Oberland setzen Matthias Hollenstein, Samuel Bähler und Petrissa Eckle auf Innovation. Über 20 Hektaren werden hier im Mosaikprinzip bewirtschaftet. Dies erlaubt eine hohe Biodiversität unter und über dem Boden. «Mit unserem Ansatz stehen wir quer in der Landwirtschaft. Dieser Preis zeigt uns aber, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden», sagt Betriebsleiter Matthias Hollenstein. «Die drei Pionierinnen und Pioniere beeindrucken mit ihrer unvoreingenommenen und frischen Art, Landwirtschaft zu interpretieren und stehen damit für eine neue Generation von Bäuerinnen und Bauern», lobt Kilian Baumann, Präsident der Kleinbauern-Vereinigung in seiner Laudatio. «Unsere Flächen sollen künftig sowohl Nahrungsmittel produzieren als auch Trinkwasser schützen, die Biodiversität fördern und ein schönes Landschaftsbild darstellen – eine Art Paradiesgarten, in dem es Spass macht, zu arbeiten.», erklärt Matthias die Zukunftsvision von SlowGrow.

«Mit ihrem innovativen Projekt zeigt SlowGrow, so wie alle Nominierten, neuartige Produktionsverfahren, die insbesondere für das Klima vorteilhaft sind», sagt Jurymitglied Bernard Lehmann, ehemaliger Direktor des BLW und emeritierter ETH-Professor. Auch wenn SlowGrow nun ganz oben auf der Siegertreppe steht: Der Fachjury war es wichtig zu betonen, dass alle Nominierten Gewinner sind. Denn sie stellen auf ihren Betrieben unter Beweis, wie eine klimafreundliche Landwirtschaft schon heute möglich ist und sich auch finanziell lohnt. Und Kilian Baumann betont in seiner Laudatio: «Diese Pionierinnen und Pioniere stehen stellvertretend für viele andere Bäuerinnen und Bauern, die sich ebenfalls um unsere Lebensgrundlagen sorgen und sich um eine zukunftsfähige Landwirtschaft bemühen.»

Porträt SlowGrow und HofLabor

Artenvielfalt wird auf dem Betrieb SlowGrow grossgeschrieben: Eine Hektare Acker setzt sich hier aus 50 verschiedenen Beeten zusammen mit Kulturen von Gemüse, Getreide, Gründüngungen und Beeren. Das begünstigt die Wechselwirkungen zwischen benachbarten Kulturen, ihren Botenstoffen, Mikroorganismen, Pilznetzwerken und Insektenpopulationen. Ökologische Flächen werden so nicht von der Ackerfläche getrennt, sondern vereint. Stolz erzählt Matthias: «Auf unserem Selleriefeld haben wir wahrscheinlich mehr Blüten- und Flugstunden von Insekten als auf der Ökowiese nebenan.» Entlang der Anbaustreifen bewegt sich der GPS-gesteuerte Traktor bis zu zwei Zentimeter genau vorwärts und rückwärts und verteilt den eigenproduzierten Mulch. Dieser kommt direkt auf die Gemüsefelder und dient dort als Bodenbedeckung. So kann die Erosion verhindert, Feuchtigkeit eingeschlossen und auch unerwünschte Pflanzen an ihrer Ausbreitung gehindert werden. Dadurch kann die Qualität des Bodens gesteigert werden, der so als natürliche CO2-Senke eine Tonne Kohlenstoff pro Hektare und Jahr speichern kann.

«Wir möchten die Innovation zurück auf den Bauernhof bringen. Bauern und Bäuerinnen haben sie in sich, müssen sich aber mehr trauen», erklärt Geschäftsleiter Matthias. 2021 hat sich aus SlowGrow das «HofLabor» entwickelt: Eine Innovationsplattform, um die Vision zusammen mit einem wachsenden Netzwerk aus anderen Landwirtinnen, Landwirten, Unternehmen und Wissenschaft noch schneller voranzutreiben. Aus verschiedenen Landbaumethoden wird das Beste zusammengetragen. Mit einem Mix aus Permakultur, biologischer sowie regenerativer Landwirtschaft, aber auch ganz neuen Ansätzen, wird so ein neues Landbausystem kreiert. Um die vielen verschiedenen Kulturen ideal zu planen und das Mosaik unter Kontrolle zu haben, arbeiten Petrissa und Matthias in ihrem Innovationslabor an der Digitalisierung der Mosaiklandschaft. Dank der digitalen Hilfe soll das Projekt skalierbar werden, um so auch grosse Landflächen ökologisch bewirtschaften zu können. «Wir arbeiten an einem digitalen Management-Tool. Denn die Komplexität dieses Systems ist so hoch, dass man es mit Digitalisierung unterstützen muss», erklärt Petrissa Eckle.

Publikumspreis an Projekt «Herbstzeitlose»

Den Publikumspreis erhalten Marlen und Stephan Koch aus Root (LU) mit ihrem sympathischen Projekt «Herbstzeitlose». Mit ihrer Mutterkuh-Herde setzen sie auf standortgerechte Fleischproduktion und sensibilisieren für bewussten Fleischkonsum. «Die Nutztierproduktion hat eine hohe Klimarelevanz und wird sich künftig verändern müssen. Die Debatte muss jedoch differenziert geführt werden. Eine Kuh, die sich ausschliesslich von Grasland ernährt auf Flächen, die für den Ackerbau nicht geeignet sind, leistet einen wichtigen Beitrag für die Welternährung», sagt Marlen Koch. Die Kleinbauern-Vereinigung freut sich, dass mit Marlen ein Vorstands-Mitglied den Publikumspreis gewinnen konnte.

Die erste Ausgabe des Prix Climat war ein Erfolg. Die Videos haben weit mehr als 150’000 Leute erreicht, beim Online-Voting haben über 6500 Personen ihre Stimme abgegeben. Die Klima-Allianz prüft deshalb, ob sie den Prix Climat weiterführen wird.

 

Über den Prix Climat

Die Klima-Allianz Schweiz vergibt dieses Jahr zum ersten Mal den Prix Climat. Nach einer öffentlichen Ausschreibung haben sich im Sommer 2021 über 60 Betriebe beworben. In Zusammenarbeit mit einer Fachjury nominierte die Klima-Allianz die sechs Finalistinnen und Finalisten. Dank eines erfolgreichen Crowdfundings konnten die Klimaprojekte ab November in Videoporträts einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Der Prix Climat wurde innerhalb der Klima-Allianz von der Arbeitsgruppe «Landwirtschaft» ins Leben gerufen, in der folgende Organisationen vertreten sind: Alliance Sud, Biovision, Brof für alle, Greenpeace, HEKS, Kleinbauern-Vereinigung, Konsumentenschutz Schweiz, Landwirtschaft mit Zukunft, Ökozentrum, Schweizerische Energie-Stiftung, SWISSAID und WWF.

  • AutorIn Annemarie Raemy

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