Trondheims Matperler – Trondheims kulinarische Perlen

NORGE BLOGG #1 // Neues Land, neue Herausforderungen. Was in der Heimat eingespielt ist, will in Norwegen zuerst wieder entdeckt werden. Einkaufen tun wir deshalb erstmal im Supermarkt. Gewohnt an Hausgarten und Eingemachtes im Keller, Eier von den eigenen Hühnern sowie Gemüse-Abo und Fleisch direkt vom Hof, kommt jedoch bald die Frage auf: Wie und wo können wir hier in Trondheim lokal einkaufen? Und vor allem was?

Westlich der Stadt Trondheim in Norwegen wird seit jeher Landwirtschaft betrieben. Viele Betriebe vertreiben ihre Produkte direkt ab Hof. Schilder mit «gårdsutsalg» weisen auf die Hofläden hin. Foto: Annemarie Raemy, 2023

 

Es ist typisches Westküstenwetter an diesem Tag Ende August in Norwegen, als ich mich auf den Weg zum Høstadsand gård mache. Wolken, Regen und Sonne wechseln sich ab. Unsere Vermieter haben uns diesen Bauernhof (Norwegisch: gård) empfohlen. Er liegt in Fussdistanz von unserem zu Hause entfernt. Wir wohnen westlich von Trondheim, auf einer Halbinsel mit Blick auf den Trondheimfjord, am nördlichen Rand einer Gegend, in der schon immer Landwirtschaft betrieben wurde, dem Byneset. Der Weg führt mich denn auch vorbei an Höfen, Äckern und Weiden. Dazwischen liegen Siloballen auf den grünen Wiesen, bereit für die Winterfütterung.

Hinter einem kleinen Wäldchen grast eine Kuhherde. Ich bin auf Høstadsand gård. Im Garten treffe ich zufällig auf Sissel, die Bäuerin. Sie erntet Johannisbeeren für den selbstgemachten Joghurt, wie sie mir erzählt. Ich frage sie nach dem Hofladen, und wir kommen ins Gespräch. Sie sei hier aufgewachsen, und habe schon immer gewusst, dass sie zurückkommen werde. Nach einigen Wanderjahren hat sie den Hof 2007 übernommen. Seit 1800 ist er in Familienbesitz. Sie hält Milchkühe. Bis vor kurzem hat sie die Milch wie alle hier an TINE geliefert. TINE ist ein genossenschaftlich organisierter, norwegischer Hersteller von Milchprodukten und im Besitz von rund 9.140 Milchbäuerinnen und -bauern.

Seit gut einem Jahr nun verarbeitet Sissel einen Teil der Milch in der hofeigenen Molkerei. Darüber nachgedacht habe sie seit mehreren Jahren. Den Ausschlag für die Umsetzung hat dann einerseits die direkte Nachfrage auf dem Bauernhof gegeben, andererseits die Pandemie. Corona führte auch in Norwegen zu einer stärkeren Fokussierung auf die Nahversorgung. Die gårdsbutikk (Hofladen) auf Høstadsand gård ist ein Selbstbedienungsladen und immer geöffnet. Zu kaufen gibt es Milch, Joghurt nature und aromatisiert, Eier und Honig von benachbarten Höfen sowie saisonal Glace und Kartoffeln. Für den Winter steht Brennholz zum Verkauf bereit.

Høstadsand gård ist Teil des Produzentennetzwerks Trondheims Matperler (Trondheims Lebensmittelperlen), das 17 lokale Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten vereint. Wie Sissel halten rund um Trondheim viele Höfe Tiere – Kühe, aber auch Schafe, Ziegen und Schweine. Milchprodukte sind in den Hofläden entsprechend gut vertreten, ebenfalls Fleischwaren direkt vom Hof. Auch Beeren wie Himbeeren und Erdbeeren werden angebaut, das Klima dafür ist gut. Dazu kommen Honig und Kartoffeln und vereinzelt Gemüse. Dank der Nähe zum Trondheimfjord ist auch Lachs im Angebot, sowohl frisch als auch geräuchert. Viele Höfe bieten Hofcafés, Veranstaltungsräume und Glamping an. Bauernhofschule und -kita ergänzen das vielfältige Angebot.

 

Es gibt für uns also noch einiges zu entdecken in den nächsten Monaten!

 

Annemarie Raemy lebt und arbeitet mit ihrer Familie von August bis Dezember 2023 in Trondheim. Im «Norge Blogg» berichtet sie während dieser Zeit über Land, Leute und Landwirtschaft in Norwegen. Sie ist Teil des Teams der Geschäftsstelle der Kleinbauern-Vereinigung.

 

  • AutorIn Annemarie Raemy

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