Historier fra Lofoten

NORGE BLOGG #3 // Viele kennen Lofoten als Touristen. Dass auf diesen schroffen Inseln im europäischen Nordmeer Fischerei betrieben wird, versteht sich von selbst. Dass dieses karge Land auch landwirtschaftlich genutzt wird, mag jedoch erstaunen. Historisch von Bedeutung waren die so genannten Fischerbauern, die saisonal auf der Inselgruppe ihr Auskommen suchten.


Meer und Berge – die Lofoten bieten grandiose Natur, haben aber auch bezüglich Fischerei und Landwirtschaft interessante Geschichten auf Lager. Fotos: Annemarie Raemy, 2023

 

Es ist Ende August, als wir für ein paar Tage auf Lofoten in der Provinz Nordland reisen. Die Anfahrt über den Vestfjorden ist beeindruckend. Es wird erzählt, die Wikinger hätten den Archipel «Inseln der Götter» genannt. Wir können nachvollziehen, warum. Die zackigen Berge mit ihrem alpinen Charakter sehen aus wie aus dem Meer geboren. Majestätisch ragen sie in den Himmel – stellenweise über 1200 Meter hoch.

Wir wohnen in einem der vielen, traditionellerweise mit roter Tranfarbe bemalten Rorbuer, einst saisonal genutzten Fischerhütten, die auf einer Seite im Wasser stehen und heute meist für Touristen hergerichtet sind. Sie erzählen die Geschichte der Fischerbauern im 20. Jahrhundert, die von Januar bis April nach Lofoten reisten, wenn der torsk (Kabeljau) aus der Barentssee in den Vestfjorden zum Laichen kommt. Ein nicht ungefährliches Unterfangen, aber ein zusätzliches Auskommen zur bescheidenen kleinbäuerlichen Existenz und möglich, da die maritimen Ressourcen damals Gemeineigentum waren. Die Fische wurden und werden mittels Lufttrocknung an Gestellen am Meer haltbar gemacht und zu Klippfisch oder Tørrfisk (Stockfisch, dieser wird vor dem trocknen zusätzlich gesalzen) verarbeitet – meist für den Export. Bereits aus der Wikingerzeit ist der Handel mit Stockfisch bekannt. Die Lofotfischerei wird auch heute noch betrieben, allerdings in beträchtlich kleinerem Ausmass. Ein Grund sind die zurückgehenden Fischbestände, hauptsächlich auf Grund der Überfischung durch die Hochseefischerei. Ein anderer die Regulierung der Fangquoten durch die Regierung.

Zurück aufs Land. Auf Lofoten gibt es spannende Höfe. Lofoten gårdsysteri, ein biodynamischer Bauernhof an der Westküste der Insel Vestvågøy ist ein solche, und wir wollen ihn besuchen. Die Anfahrt ist eindrücklich, das Tal, in dem sich Marielle und Hugo vor 23 Jahren niedergelassen haben, ist abgelegen und eng. Doch die beiden sahen das Potenzial. Sie wollten Produkte herstellen, welche diesen speziellen naturräumlichen Voraussetzungen gerecht werden. Heute ist die Farm weitherum bekannt und liefert ihre Produkte an diverse Gourmet-Restaurants auf den Inseln. Ihren Käse, der klangvolle Namen trägt wie Steinfjording (benannt nach dem nahen Fjord), Vinterlys (Winterlicht) oder Sommersnø (Sommerschnee) stellen sie in der hofeigenen Käserei her. Sie haben damit bereits mehrere Preise gewonnen, unter anderem am letzten Wochenende an den World Cheese Awards 2023/24 in Trondheim. Die Milch dafür kommt von den Ziegen, die nun, Ende August, zurück sind von ihrem Sommer in den Bergen. Es ist eine wilde und lustige Bande, die wir antreffen. Im Herbst, wenn die Tage rasch kürzer werden, verbringen sie freiwillig immer mehr Zeit im Stall. Die Winterfütterung ist eine Herausforderung, erzählt uns Hugo. Mit häufigen Schnitten des noch jungen Grases versuchen sie, so proteinreiches Winterfutter wie möglich zu machen. Ergänzt wird es in kleinen Mengen mit Futtergetreide aus anderen Teilen Norwegens. Wer wie sie Produkte herstellt, aus denen man das Terroir herausschmecken soll, könne nicht ernsthaft daran denken, Futter aus Übersee zu kaufen, erklärt Hugo ihre Philosophie.

Im Hofladen, der auch als Café dient, sitzt eine Reitergruppe von der Nachbarinsel beim Mittagsimbiss. Nebst Käse verkaufen Marielle und Hugo auch Fleischerzeugnisse von den Ziegen und Schweinen, Gemüse aus dem Garten und weitere Produkte vom Hof. Zudem machen sie Agrotourismus und betreiben einen Skolehage (Schulgarten).

Käse nehmen wir selbstverständlich mit nach «Hause». Der in Kräuteröl eingelegte Fatost (Feta-Käse) ist unser Favorit. Wir essen ihn auf dem Balkon unseres Rorbu, mit Blick auf Meer und Berge.

 

Annemarie Raemy lebt und arbeitet mit ihrer Familie von August bis Dezember 2023 in Trondheim. Im «Norge Blogg» berichtet sie während dieser Zeit über Land, Leute und Landwirtschaft in Norwegen. Sie ist Teil des Teams der Geschäftsstelle der Kleinbauern-Vereinigung.

 

  • AutorIn Annemarie Raemy

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