Die Stimme der Bevölkerung und vieler Bäuerinnen und Bauern wurde nicht gehört. Im Nationalrat hat sich die Lobby des Schweizer Bauernverbands einmal mehr durchgesetzt: Sowohl die Massentierhaltungsinitiative wie auch ein direkter und indirekter Gegenentwurf wurden bachab geschickt. Dieser Entscheid bedeutet Stillstand bei Tierwohl und Nachhaltigkeit.
In der Debatte zur Massentierhaltungsinitiative hat sich die grosse Kammer gegen jegliche Verbesserungen beim Tierwohl gestellt – dies obwohl der Bundesrat in seiner Botschaft zum direkten Gegenentwurf den Handlungsbedarf bestätigt: Nutztiere sind bis heute ungenügend geschützt. Der rechtsbürgerliche Nationalrat hatte kein Gehör für Verbesserungen beim Tierwohl. Abgelehnt wurden sowohl die Initiative wie auch der direkte Gegenentwurf des Bundesrates. Selbst der gemässigte indirekte Gegenentwurf von Nationalrat Kilian Baumann fand als Kompromissvorschlag keine Zustimmung. Damit verweigern sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier einem Anliegen, das in Landwirtschaft und Gesellschaft immer mehr Unterstützung findet. So wurde noch am Montag der Nationalrat mit einer Petition aufgefordert, seine Verweigerungshaltung aufzugeben und die Lebensbedingungen der Nutztiere zu verbessern. Über 8000 Unterschriften wurden in nur 10 Tagen gesammelt.
Gegen mehr Nachhaltigkeit
Der Rückweisungsantrag von Nationalrat Kilian Baumann an die WAK-N hätte es der Kommission ermöglicht, einen indirekten Gegenentwurf auszuarbeiten und so Verbesserungen beim Tierwohl unter Berücksichtigung der ökologischen Tragfähigkeit und einer marktkonformen Produktion auf Gesetzesstufe zu verankern. Auch hier hat sich der Nationalrat gegen mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft entschieden.
Flucht in «Produktivitätsfalle»
Und noch mehr als die beiden Gegenentwürfe wurde die Massentierhaltungsinitiative «gerupft» und damit der eigentliche Auslöser der jetzt stattfindenden Diskussion um einen Systemwechsel in der Landwirtschaft.
Der Schweizer Tierschutz STS und die Kleinbauern-Vereinigung VKMB sind überzeugt, dass es diesen Systemwechsel braucht. Denn die aktuelle Tierproduktion mit Hochleistungszucht und Massentierhaltung geht in die falsche Richtung. Es ist eher eine Flucht in die «Produktivitätsfalle» als ein wegweisender Ansatz hin zu einer nachhaltigen und bäuerlichen Lebensmittelproduktion, die die Gesundheit und das Wohl der Tiere sowie die Umweltanforderungen gewährleisten kann. Nun liegt der Ball beim Ständerat: Er kann den heutigen Entscheid des Nationalrats korrigieren. Ohne einen Richtungswechsel wird für viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger klar sein: JA zur Initiative gegen Massentierhaltung!