Nachwuchsmangel in der Landwirtschaft?

In der Agrar- und Ernährungswirtschaft droht eine Generationenlücke – auch in der Schweiz. Dies sagt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) anlässlich der Veröffentlichung einer mit Schweizer Mitteln finanzierten FAO-Studie. Die Analyse mag stimmen, die genannten Massnahmen, um dieser globalen Herausforderung zu begegnen, bleiben allerdings vage.

Foto: Stephan Bösch

Wie können junge Menschen für den Agrar- und Ernährungssektor motiviert werden? Was brauchen sie, um sich erfolgreich im Sektor zu etablieren? Die Studie EMPOWERING YOUNG AGRI-ENTREPRENEURS TO INVEST IN AGRICULTURE AND FOOD SYSTEMS der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kommt zum Schluss, dass es hauptsächlich zwei Gründe gibt, weshalb junge Leute sich nur zögerlich auf die Landwirtschaft einlassen:

  1. Der Landwirtschaftssektor ist keine attraktive Existenzgrundlage;
  2. Es gibt wesentliche Hürden wie den Zugang zu Land, zu finanziellen Mitteln, zu Informationen und Ausbildung.

Um junge Leute zu stärken und sie zu motivieren, braucht es gemäss FAO erstens finanzielle Anreize, zweitens politische Mitbestimmung, und drittens Dialogformate. Wie das BLW in seinem Webclip Die Landwirtschaft für junge Menschen attraktiver machen sagt, gibt es in der Schweiz bereits Massnahmen, die in diese Richtung zielen – wie die Starthilfe des Bundes. Zudem sind weitere geplant, bspw. die Modernisierung des Pachtrechts oder die Förderung neuer Produktionsformen.

Die Empfehlungen in der Studie basieren auf Erkenntnissen aus elf afrikanischen Ländern, der Fokus lag auf der jungen Generation. Inwiefern sich diese auf unser Land übertragen lassen, ist offen. Aus unserer Arbeit in der Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergabe wissen wir, dass es aktuell viele Hofsuchende gibt, und trotzdem jedes Jahr viele Betriebe ihre Tore schliessen und zerstückelt werden. Den Nachwuchsmangel können wir so also nicht direkt bestätigen. Was wir aber beobachten ist, dass es nicht für alle Betriebe in allen Regionen der Schweiz gleich einfach ist, eine Nachfolge zu finden. Dies kann sich in naher Zukunft ändern oder noch akzentuieren, denn über die Hälfte der Betriebsleitenden sind über 50 Jahre alt. Allerdings ist auch in der Schweiz der Zugang zu Land und zu finanzieller Unterstützung eine grosse Hürde für Menschen, die sich in der Landwirtschaft etablieren wollen und nicht innerfamiliär einen Betrieb übernehmen können.

Die Kleinbauern-Vereinigung ist überzeugt: Um diese Herausforderung anzupacken und den Nachwuchs wirklich zu unterstützen braucht es konkrete Schritte. Nebst unserer ganz direkten Hilfe über unsere Vermittlungsplattform, die wir seit 2014 betreiben, haben wir uns auch auf politischer Ebene immer wieder für Verbesserungen eingesetzt. Ziel sämtlicher vorgeschlagener Massnahmen ist es, den Zugang zu Land langfristig zu verbessern, ohne die Spekulation mit dem Boden zuzulassen.

  • Massnahmen für eine einfachere und einheitlichere Finanzierung von Betriebskäufen, z.B. zusätzliche Starthilfe beim Kauf über dem Ertragswert oder Starthilfe bis zur Vollendung des 40. Altersjahres (wie das heute z.B. im Kanton TI bereits praktiziert wird);
  • Massnahmen, die den Quereinstieg organisatorisch und steuerliche unterstützen, z.B. Übertrag der Buchwerte auf den Übernehmer wie im Kanton LU bei innerfamiliärer Übergabe oder Steuererleichterungen und Anrecht auf Ergänzungsleistungen bei Verkauf zum Vorsorgepreis;
  • Rechtliche Massnahmen, die den Zugang zu Land erleichtern würden;
  • Massnahmen zur Verbesserung der Markttransparenz;
  • Massnahmen im Bereich Bildung/Sensibilisierungsarbeit, z.B. bessere Unterstützung der potenziellen Veräusserer oder Verpächter durch Informations- und Beratungsangebote.

In einem Punkt gehen wir mit der Studie und dem BLW einig. Die Transformation hin zu einem zukunftsfähigen Landwirtschafts- und Ernährungssystems ist ein wichtiger Baustein, sollen die Nachhaltigkeitsziele der UNO bis 2030 erreicht werden. Dazu brauchen wir alle Beteiligten. Eine junge, motivierte Generation, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Und das Wissen und die Erfahrung derjenigen, die seit Jahren ihre Betriebe führen und diese nun weitergeben.

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