Die Kleinbauern-Vereinigung begrüsst den Entscheid der WAK-N, die Agrarpolitik 22+ endlich an die Hand zu nehmen. Leider fehlt einer Mehrheit jedoch der Mut, um die drängenden Herausforderungen anzupacken und die Landwirtschaft in Richtung mehr Nachhaltigkeit auszurichten, insbesondere bei den Handelsbeziehungen, beim Klima oder auch beim Tierwohl. Anstatt die Agrarpolitik zu vereinfachen, unterstützt die Kommission des Nationalrats mit einer staatlich mitfinanzierten Ernteversicherung zudem ein neues Instrument, das die heutigen Fehlanreize weiter verschärft.
Mit grosser Verzögerung konnte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats am 31. Januar die Agrarpolitik AP22+ nun endlich beraten. Die Kleinbauern-Vereinigung bedauert, dass griffige Massnahmen, um der Klima- und Biodiversitätskrise zu begegnen, von einer Kommissionsmehrheit aus der Reform gestrichen und keine neuen Massnahmen aufgenommen worden sind. Damit wird die Chance verpasst, die Landwirtschaft schnellstmöglich auf einen zukunftsgerichteten Weg zu lenken. Im Kampf gegen den Klimawandel verstreicht für die Landwirtschaft als Betroffene und Mitverursacherin damit wichtige Zeit ungenutzt.
Handelsbeziehungen, die eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
2017 wurde die Verfassung um den Artikel 104a ergänzt. Doch immer noch wird der Buchstabe d – «grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Land- und Ernährungswirtschaft beitragen» – höchstens marginal umgesetzt. Die heutigen Zölle bieten neben den Direktzahlungen einen idealen Ansatzpunkt, um die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft gezielt auf Nachhaltigkeitsaspekte auszurichten. Kilian Baumann, Kommissionsmitglied WAK-N und Präsident der Kleinbauern-Vereinigung sagt dazu: «Die Zölle bieten eine bisher ungenutzte Möglichkeit, um eine Entwicklung des Schweizerischen Landwirtschafts- und Ernährungssystems in Richtung Nachhaltigkeit zu fördern.» Die Kleinbauern-Vereinigung fordert den Nationalrat deshalb auf, diesen Hebel zu nutzen und dem entsprechenden Minderheitsantrag zu folgen.
Geringe Wirkung im Kampf gegen Klima- und Biodiversitätskrise
In den Bereichen Klima, Biodiversität und Tierwohl bleibt die AP 22+ wirkungsschwach. Das eigentliche Erfolgsrezept der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft, der schrittweise Weg zu mehr Qualität und Nachhaltigkeit, wird nicht konsequent fortgeführt. Damit tut sich die Land- und Ernährungswirtschaft keinen Gefallen. Laut Kilian Baumann bleibt «die Umsetzung der AP 22+ mutlos und wird nicht als Chance zur Weichenstellung für die Zukunft genutzt».
System vereinfachen anstelle einer staatlich mitfinanzierten Ernteversicherung
Die Schweizer Agrarpolitik ist zu komplex und überladen. Darüber ist man sich in breiten Kreisen einig. Trotzdem soll mit einer staatlich mitfinanzierten Ernteversicherung nun ein neues, zusätzliches Instrument in die Agrarpolitik aufgenommen werden. Eine Ernteversicherung ist nicht nur systemfremd, sie verursacht auch neue Zielkonflikte: Risikoreiche, konventionelle Anbauweisen würden von einer solchen Versicherung am stärksten profitieren. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert den Nationalrat auf, den Versicherungsschutz auch in Zukunft privatwirtschaftlich organisiert zu lassen.