Gesamtschau zur Agrarpolitik: Höchste Zeit für mehr (Struktur-)Vielfalt

Diverse Analysen zeigen, dass die Landwirtschaft weltweit in eine selbstzerstörerische Richtung getrieben wird. Die immer stärkere Agrarindustrialisierung braucht einen enormen Input und macht die eigenen natürlichen Grundlagen der Landwirtschaft kaputt. Auch die Agrarpolitik 2014-17 gibt wenig Gegensteuer. Im Gegenteil: Die Wachstumslogik wird sogar weiter angetrieben. Die Kleinbauern-Vereinigung VKMB fordert, die Vielfalt als Wert und Zukunftschance für die Landwirtschaft endlich anzuerkennen und stärker zu fördern.

 

Der Weltagrarbericht, der Handels- und Umweltbericht der UNCTAD (Welthandels- und Entwicklungskonferenz) und ganz neu auch die Nachhaltigkeitsziele der UNO (SDG) kommen alle zum selben Schluss: Es braucht endlich eine resiliente, zukunftsfähige Landwirtschaft. Wir müssen weg von der immer stärker verbreiteten Agrarindustrie kommen. Weltweit zerstört eine solche Landwirtschaft die natürlichen Grundlagen und gefährdet eine sichere Lebensmittelversorgung.

In der Schweizer Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte wurden die Themen Umwelt, Tierwohl und Kulturlandschutz zwar wichtiger, doch viele Punkte wurden noch nicht genügend ernsthaft angegangen. Insbesondere wird die Wachstumsidee und damit das Bauernhofsterben bis heute weiterverfolgt und gefördert.

Von der Wachstumsidee wegkommen

Es braucht einen Dogmawechsel in der Schweizer Landwirtschaft. Weg von der Wachstumslogik hin zu mehr Vielfalt, Natur- und Konsumentennähe. Mit der Agrarpolitik 2014-17 wurde aber gerade das Gegenteil verfolgt, wie die heute veröffentlichte Gesamtschau des Bundesrats bestätigt. Die bisherigen Direktzahlungsobergrenzen wurden abgeschafft und deren Abstufung massiv geschwächt. Der Anreiz zu mehr Fläche wurde unnötig verstärkt, die Landpreise und die Spezialisierung auf den Betrieben weiter angetrieben. Das hat nichts mit einer zukunftsfähigen Landwirtschaft zu tun, im Gegenteil immer stärker spezialisierte Betriebe sind wirtschaftlich instabiler. Zudem fliesst immer mehr Geld zu den Landbesitzern, knapp die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist heute Pachtland.

Mehr Vielfalt und Massnahmen zu deren Förderung

Mehr Vielfalt muss in allen Bereichen der Landwirtschaft – von den Betriebsstrukturen, dem Saatgut über die Tierzucht, die Produkte bis zur Verarbeitung und den Vermarktungsmöglichkeiten – endlich stärker anerkannt und gefördert werden. Vielfalt heisst auch, die Umweltziele und einen geringeren Input an Energie, Futtermittel etc. endlich konsequent in Angriff zu nehmen. Denn eine vielfältige Landwirtschaft kann auf Veränderungen wie Preisschwankungen, Wetterextreme oder den Klimawandel schneller reagieren und ist somit für die Zukunft gewappnet. Dafür braucht es aber jetzt dringend politische Massnahmen wie einen Betriebsbeitrag, eine fairere Verteilung der Versorgungssicherheitsbeiträge sowie eine klare Begrenzung und stärkere Abstufung der Direktzahlungen.

Auch innerhalb der Betriebe muss die Vielfalt wieder wichtiger werden. Um innovativ und zukunftsfähig zu bleiben, braucht die Schweizer Landwirtschaft möglichst viele Köpfe und Hände und nicht immer weniger, einseitige wirtschaftende Bauernhöfe. Mehr Nähe zu den Konsumenten und Handelsbeziehungen, die eine faire und ökologische Landwirtschaft fördern, sind weitere Schritte, in denen die Schweiz jetzt eine Vorreiterrolle übernehmen muss.

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