Die Klimastrategie der Schweiz gibt für die Landwirtschaft ein Reduktionsziel von 40 % vor – Zu wenig, sagt die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) in ihrem neusten Bericht «Klimawandel, Landwirtschaft und die Rolle der Biotechnologie», den sie Ende Oktober 2022 publiziert hat. Und macht klar: Die Landwirtschaft hat eine ethische Verantwortung, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Auf technische Wunder hoffen kann sie dabei nicht.
Vom 6.-18. November 2022 findet in Ägypten die Weltklimakonferenz COP27 statt. Während es bei den internationalen Klimakonferenzen in den vergangenen Jahren darum ging, Klimaziele zu setzen (Paris) und die Regeln für deren Umsetzung festzulegen (Glasgow), ist ein zentrales Anliegen der COP27 in Ägypten die Implementierung von Klimaschutzmassnahmen sein. Auch die Schweiz hat das Abkommen ratifiziert und verpflichtete sich unter anderem zu einer Halbierung ihrer Emissionen bis 2030. Doch die Schweiz ist nicht auf Kurs, sie hat ihre Ziele bisher verfehlt (s.a. SRF-Interview mit BAFU-Direktorin, 4. November 2022).
Die Langfristige Klimastrategie der Schweiz zeigt auf, wie das Ziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen bis 2050 erreicht werden soll. Für die Landwirtschaft gibt sie ein Reduktionsziel von 40% vor. Nach wie vor gibt es dazu aber keine verbindlichen, politischen Massnahmen. Aus Sicht der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) muss die Landwirtschaft sogar noch mehr zur Reduktion der klimaschädlichen Emissionen beitragen. Dies schreibt sie in ihrem Bericht «Klimawandel, Landwirtschaft und die Rolle der Biotechnologie», den sie Ende Oktober 2022 vorgelegt hat. «Dieses politisch festgelegte Reduktionsziel ist ethisch gesehen unzureichend.»
Und die EKAH macht klar: Auf technische Wunder hoffen können und dürfen wir nicht. «Neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas werden mit der Erwartung verknüpft, dass sie hierzu einen wichtigen Beitrag leisten können. Die deutliche Mehrheit der EKAH schätzt die Chancen dieser Verfahren jedoch für zu gering ein, um im gegebenen engen Zeitraum wesentlich zur Anpassung beizutragen. Ihnen dennoch eine solche Rolle zuzuweisen, heisst, eine Wette auf die Zukunft einzugehen. Dies ist angesichts der Dringlichkeit der Anpassungsziele ethisch nicht zu rechtfertigen». Auch gengenüber Negativemissionstechnologien (NET), die der Atmosphäre Treibhausgase entziehen, gibt es laut EKAH Vorbehalte: «Insbesondere ist fraglich, ob sie genügend schnell entwickelt und umgesetzt werden können und ob sie ausreichend leistungsfähig sein werden.» Vor dem Hintergrund der mit NET verbundenen Unsicherheiten und Risiken sollten deshalb möglichst viele Emissionen vermieden werden, so dass am Ende die kleinstmögliche Menge an Treibhausgas-Emissionen kompensiert werden muss.
«Aus Sicht der EKAH führt deshalb nichts daran vorbei, das Reduktionsziel in der Landwirtschaft zu erhöhen. Gleichzeitig muss die Anzahl Nutztiere erheblich verkleinert und mehr pflanzliche Nahrung für die Menschen angebaut werden.» Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH)
Um die Landwirtschaft anzupassen, sind gemäss EKAH die Massnahmen so zu treffen, dass sie am effektivsten und effizientesten sind und die nationale und globale Ernährungssicherheit kurz- und langfristig möglichst gewährleisten. Die Minderheit der EKAH vertraut hier auf den technischen Fortschritt. «Alle sind sich jedoch einig, dass neue gentechnische Verfahren nur so eingesetzt werden sollten, dass keine Pfadabhängigkeit entsteht. Dies bedeutet, dass gleichzeitig bereits bestehende Technologien genutzt und alternative Lösungsansätze gefördert werden, die zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels beitragen können.»