«Mein wichtigstes Anliegen ist der Zugang zu Land»

Donat Capaul engagiert sich seit fast 10 Jahren im Vorstand der Kleinbauern-Vereinigung. Ein Gespräch über seine Ideen für die Landwirtschaft und die Rolle der Kleinbauern-Vereinigung in der agrarpolitischen Debatte.

Donat Capaul ist gelernter Biolandwirt und Sozialpädagoge. Er lebt auf dem Hof Valengiron im Berner Jura. Sein Hof umfasst 17 ha und liegt auf 930 m. ü. M. auf einer Waldlichtung. Die wichtigsten Betriebszweige sind Ammenkühe, Ziegen, Schafe, Hochstammbäume und die Brennholzgewinnung. Foto: Eve Kohler

Donat, du bewirtschaftest einen Hof im Berner Jura. Was ist es für ein Betrieb, mit welchen Betriebszweigen? Wie ist er organisiert?
Unser Hof liegt im Berner Jura auf 930 m.ü.M. Wir halten Ammenkühe, Schafe, Ziegen und noch kleinere Tiere wie Hühner, Katzen und Hunde. Der Gemüsegarten, die Hochstammbäume und der Wald liefern Gemüse, Früchte und Holz für den Eigenbedarf. Wir verkaufen vor allem Kalb- und Lammfleisch. Auf dem Hof arbeiten zusätzlich zu mir meine Schwester und meine Eltern, ein Teilzeitangestellter aus Moutier, eine Haushälterin und manchmal Praktikant:innen oder Zivildienstleistende.

Deine Eltern haben vorher den Betrieb geführt. War es immer klar, dass du den Betrieb von ihnen übernehmen willst?
Meine Eltern konnten den Betrieb 1996 erwerben. Mir hat der Hof von Anfang an gefallen und es war mir früh klar, dass ich Bauer werden will. Mein Vater hat jedoch bis zu seiner Pensionierung gewartet, bis er mir das Inventar und die Tiere anvertraute.

Welche Rolle spielen deine Eltern seit du den Betrieb übernommen hast?
Meine Mutter kümmert sich viel um meine Tochter, wenn diese auf dem Hof ist. Zweimal pro Woche gehe ich auch ins Stöckli essen. Mein Vater hilft vor allem bei Maschinenarbeiten, wie Zetten, Wälmlen oder kleineren Transporten. Manchmal übernimmt er auch noch eine Stallablösung.

Seit wann bewirtschaftest du den Betrieb? Wie hat sich der Betrieb in dieser Zeit verändert?
Vor zehn Jahren übernahm ich den täglichen Stalldienst. Vor fünf Jahren kaufte ich den Eltern das Inventar, die Maschinen und die Tiere ab. Seit dem 1.1.2023 ist die Liegenschaft auf meinen Namen überschrieben. Ich habe bisher keine grösseren Veränderungen vorgenommen, aber die bestehende Infrastruktur verbessert und immer wieder kleinere Anpassungen gemacht. Wegen den trockenen Sommern in den letzte Jahren, musste ich den Bestand um zwei Tiere reduzieren, um mit dem eigenen Futter durchzukommen.
Meine Eltern betreuten stets Jugendliche und Kinder aus schwierigen Verhältnissen , um ein Nebeneinkommen zu generieren. Als sie pensioniert wurden, waren wir auf dieses Standbein nicht mehr angewiesen.

Was ist dir bei der Arbeit auf dem Hof besonders wichtig? Nach welchen Grundsätzen arbeitest du?
Ich bin überzeugter Biobauer. Die Tiere füttere ich ausschliesslich mit Raufutter. Wir heuen in in Etappen und mit dem Balkenmäher, damit die Insekten immer einen Unterschlupf finden. Es ist mir wichtig, ein gesundes Verhältnis zu den Tieren zu haben. Ich möchte eine persönliche Beziehung zu ihnen pflegen, sehe sie aber auch als Nutztiere, die uns Fleisch und Milch liefern.

Du bist seit fast 10 Jahren Mitglied im Vorstand der Kleinbauern-Vereinigung (VKMB). Wie bist du dazu gekommen?
Ein ehemaliges Vorstandsmitglied aus dem Kanton Uri (Elsbeth Arnold) hat mich angefragt. Sie wollte zurücktreten und suchte eine Nachfolge für sich.

Warum ist dir das Engagement bei den Kleinbauern-Vereinigung wichtig?
Die VKMB ist für mich eine wichtige Stimme in der landwirtschaftlichen Debatte. Im Zentrum unseres Engagements stehen existentielle Themen, nämlich die Ernährung und unser Umgang mit der Natur. Sie hat den Mut der Wachstumslogik, welche in der Wirtschaft gepredigt wird, eine andere Vision von Landwirtschaft entgegen zuhalten.

Wir stehen in den Agrarpolitik vor grossen Herausforderungen. In welche Richtung muss sich die Landwirtschaft in der Schweiz entwickeln?
Mein wichtigstes Anliegen ist der Zugang zu Land. Alle die dies möchten und dazu in der Lage sind, sollten genügend Land bekommen, um sich darauf zumindest einen Teil ihres Unterhaltes selber erwirtschaften zu können.

Welche Rolle kann die Kleinbauern-Vereinigung bei der Ausgestaltung der Landwirtschaft spielen?
Ich gehe davon aus, dass die Gesellschaft in den kommenden Jahren gerade im Bereich der Landwirtschaft mit grossen Herausforderungen konfrontiert werden wird. Die Kleinbauern-Vereinigung als Organisation, die Produzentinnen und Konsumenten zusammenbringt, spielt mit ihrem Einsatz für eine vielfältige und ökologische Landwirtschaft eine wichtige Rolle beim Finden von Lösungen.

Wie wirken sich die Veränderungen in der Landwirtschaft auf deinen eigenen Betrieb aus?
Da meine Eltern den Betrieb von anfang an extensiv bewirtschaftet haben, kommen uns die neuen Fördermassnahmen für die Biodiversitätsflächen und Landschaftsqualität entgegen. Wir sind daher momentan auch aus finanzieller Perspektive gut aufgestellt.

Wo siehst du deinen Hof in zehn Jahren?
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Therapeutische oder Pädagogische in zehn Jahren wieder stärker eine Rolle spielen wird, da unser Hof sich für einen solchen Betriebszweig gut eignet.

 

  • Dieser Artikel erschien in der Agricultura-Ausgabe 2/2023. Autor: Stephan Tschirren

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