AP22+: Dem Bundesrat fehlt es an Weitsicht

Mit der heute veröffentlichten Botschaft zur Agrarpolitik 22+ zeigt der Bundesrat einmal mehr, dass er an alten Wachstumslogiken festhält und dringende Umweltprobleme zu wenig ernsthaft angeht. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert, dass Strukturvielfalt, Natur- und Konsumentennähe als Wert und Zukunftsperspektive für die Schweizer Landwirtschaft endlich anerkannt und stärker gefördert werden.

Diverse internationale Analysen wie der Weltagrarbericht oder die UNO-Nachhaltigkeitsziele zeigen, dass die Landwirtschaft weltweit in einer Sackgasse steckt. Die immer stärkere Agrarindustrialisierung braucht einen enormen Input und zerstört die natürlichen Grundlagen. In der Schweizer Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte wurden die Themen Umwelt, Tierwohl und Kulturlandschutz zwar wichtiger, doch viele Probleme wurden noch nicht genügend ernsthaft angegangen. Mit der heute veröffentlichten Botschaft zur AP 22+ zeigt der Bundesrat, dass er an alten Spezialisierungs- und Wachstumslogiken festhält. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert mehr Weitsicht: Die Weichen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft müssen jetzt gestellt werden. Raus aus der Sackgasse der Agrarindustrialisierung, hin zu mehr Vielfalt, Natur- und Konsumentennähe.

Betriebsbeitrag stärken und Direktzahlungen klar begrenzen
Die letzte Agrarpolitik 14-17, in der die Direktzahlungsobergrenzen abgeschafft und deren Abstufung massiv abgeschwächt wurde, heizte den Strukturwandel und die einseitige Spezialisierung weiter an. Damit fährt der Bundesrat eine riskante Strategie, denn eine industrielle Landwirtschaft ist innovationshemmend und kann die Herausforderungen der Zukunft nicht meistern. Eine vielfältige Landwirtschaft und Höfe, die auf Diversifikation als Betriebsstrategie setzen, sind hingegen für die Zukunft gewappnet: Sie können sich Veränderungen wie Preisschwankungen, Wetterextremen und dem Klimawandel einfacher anpassen (Resilienz!). Strukturvielfalt bedeutet darum am Ende schlichtweg Versorgungssicherheit, was auch die bundeseigene Forschungsanstalt Agroscope erst kürzlich in einer Evaluation über die Versorgungssicherheitsbeiträge bestätigte. Dieser Tatsache muss nun auch in der Agrarpolitik endlich Rechnung getragen werden.

Mit der Einführung eines Betriebsbeitrags und einer Obergrenze für Direktzahlungen plant der Bundesrat mit der AP22+ immerhin leichte Korrekturen, diese gehen der Kleinbauern-Vereinigung aber entschieden zu wenig weit. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert eine höhere Gewichtung des Betriebsbeitrags und deutlich weniger flächenbezogene Zahlungen. Ausserdem sind stärker abgestufte Beiträge und eine wirksame Obergrenze von 150’000 CHF dringend notwendig. Mehr Vielfalt muss zudem in allen Bereichen der Landwirtschaft – von den Betriebsstrukturen, dem Saatgut über die Tierzucht, die Produkte bis zur Verarbeitung und den Vermarktungsmöglichkeiten – stärker gefördert werden.

Klimawandel und Pestizidproblematik ernsthaft angehen
Die Kleinbauern-Vereinigung fordert den Bundesrat auch auf, die Umweltziele und damit einen geringeren Input an Energie, Futtermittel etc. mit der AP 22+ endlich konsequent in Angriff zu nehmen. Die Lebensmittelproduktion muss ressourcenschonender, standortangepasster und damit auch umwelt- und klimafreundlicher werden. Angesichts der bevorstehenden Pestizid-Initiativen verlangt die Kleinbauern-Vereinigung vom Bundesrat effektivere Massnahmen zur Reduktion des Pestizideinsatzes und der Futtermittelimporte (z.B. Lenkungsabgaben). Ein gentechfreies Bioland Schweiz als Zielvorgabe für die Forschung und eine bodenabhängige, bäuerliche Landwirtschaft muss mit der AP 22+ endlich stärker in den Fokus rücken.

Erklärvideo der Kleinbauern-Vereinigung zum Thema Strukturvielfalt

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