Heute vor genau 40 Jahren wurde die Kleinbauern-Vereinigung in Aarau gegründet. Als Organisation 40 Jahre von Mitgliederbeiträgen und Spenden getragen werden, das ist eine Leistung! Die Kleinbauern-Vereinigung hat dies geschafft. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist das beherzte Engagement der Anhänger. Entscheidend auch, dass die Ziele an die Zeit angepasst werden konnten. Ein Rückblick auf die Gründung und die Entwicklungen in vier Jahrzehnten.
1980 – 1989: Rebellion gegen Misswirtschaft und Agrarlobby
Anfang der Achtzigerjahre steigt der Druck auf die Landwirtschaft: Die Lager an Butter und Käse sind übervoll. Tierfabriken konkurrieren Bäuerinnen am Fleisch- und Eiermarkt. Einheimische Früchte werden tonnenweise vernichtet, weil Importe billiger sind. Die Preise der Bauern sinken, der Handel gewinnt an Marktmacht. In Bundesbern macht sich der einflussreiche Bauernverband zum Handlanger von Grossbauern, Futtermittelhändlerinnen und Käseexporteuren. René Hochuli gründet 1980 mit
Gleichgesinnten die Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern. Das Echo in den Medien ist riesig, die Rebellion gegen die Landwirtschaftspolitik wird zum Topthema.
1990 – 1999: Politischer Anstoss zu Landwirtschaftsreformen
Landwirtschaftsreformen sind unumgänglich. Doch es wird ein zäher Kampf: Die Kleinbauern–Vereinigung schliesst sich mit Umwelt-, Tierschutz- und Konsumentenorganisationen zur Agrarallianz zusammen. Als Gegenkraft zur Agrarlobby ringt sie Bundesrat und Parlament Kompromisse ab. 1999 hat die Schweiz einen neuen Landwirtschaftsartikel in der Bundesverfassung. Die Agrargesetzgebung ist vereinfacht und transparenter. Es ist Schluss mit staatlich finanzierter Überschussverwertung! Das neue Direktzahlungssystem fördert neben der Nahrungsproduktion neu Leistungen für Ökologie und Tierwohl. Bioproduktion und Freiland-Tierhaltung erhalten Auftrieb und bieten Überlebenschancen für kleine und mittlere Bauernhöfe.
2000 – 2009: Ökosoziale Errungenschaften verteidigen
Nach der politischen Reform wird die Aufgabe für die Kleinbauern-Vereinigung nicht einfacher. Bundesrat und Verwaltung nutzen den ökologischen Spielraum nur zögerlich. Noch immer gilt der
Strukturwandel als oberstes Ziel. Die Einkommens- und Investitionshilfen werden ungleich verteilt: Für viel Fläche gibt es viel Direktzahlungen. Die Kleinbauern-Vereinigung kämpft gegen schleichende Diskriminierung. Widerstand leistet sie auch gegen die gentechnische Offensive der Saatgutindustrie. In einem beispiellosen Abstimmungskampf gewinnt die Gentechfrei-Initiative 2005 gegen Regierung, Wirtschaft und Hochschulen. Das errungene Anbau-Moratorium für Gentech-Pflanzen gilt bis heute. Die Zucht von Gentech-Tieren ist verboten.
Ab 2010: Projekte für junge Familien auf Bauernhöfen
Bilanziert man die vierzig Jahre, so gilt für die Kleinbauern-Vereinigung, was in der Schweizer Politik für alle gilt: Kompromisse waren nötig. Einige Ziele wurden erreicht, andere nicht. Die neue Generation in der Kleinbauern-Vereinigung baut neben der Politik auf Projektarbeit. Man will den Menschen auf den Höfen konkrete Hilfe bieten. Ein solches Projekt ist die ausserfamiliäre Hofübergabe: Wie kommen junge Bäuerinnen und Bauern nach ihrer Ausbildung zu einem eigenen Betrieb, wenn es in der
Familie keinen Hof zu erben gibt? Oder wie bringt man Spezialitäten vom Bauernhof ohne Zwischenhandel nahe zu den Konsumenten in der Stadt? Oder wie lassen sich Sprachgrenzen überwinden, um Kleinbauernbetriebe und interessierte Konsumentinnen in allen Landesteilen zu erreichen?
Auf die Zukunft!
Im Rückblick fragt man sich: Haben wir genug erreicht, gemessen an dem, was uns abverlangt wurde? Ist der Wille da, um sich den neuen Herausforderungen zu stellen, die in der Agrarpolitik gerade wieder auf uns zukommen? – Ja, unbedingt. Wie seit 40 Jahren gilt: Engagierte Menschen schwimmen gegen den Strom.