Politisches Engagement

In der Politik werden die Weichen für die Weiterentwicklung der Schweizer Landwirtschaft gestellt. Deshalb engagiert sich die Kleinbauern-Vereinigung auf politischer Ebene, in dem sie an Vernehmlassungen teilnimmt, Hintergrundgespräche mit Behörden und Entscheidungsträgern führt oder parlamentarische Vorstösse lanciert. Zudem sind wir Mitglied in diversen Allianzen, engagieren uns bei Abstimmungen und unterstützen Initiativen, Referenden und Petitionen.

Strukturpolitik

Seit über 40 Jahren setzt sich die Kleinbauern-Vereinigung für eine vielfältige, ökologische und soziale Landwirtschaft ein. 1992 wurden die allgemeinen und ökologischen Direktzahlungen anstelle der bisherigen Preispolitik eingeführt. Diese und die nachfolgenden Reformen führten die Schweizer Landwirtschaft weg von der Überproduktion und Intensivierung hin zu einer auf Markt und Ökologie ausgerichteten Produktion und Bewirtschaftung. Die grössten Betriebe erhalten heute jedoch überproportional viele Direktzahlungen, ausserdem erfahren kleinere Höfe vor allem rechtliche Nachteile. Diese Ungleichbehandlung forciert das Hofsterben. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert deshalb Anpassungen hin zu einer stärkeren Förderung der landwirtschaftlichen Strukturvielfalt.

Ein Viertel der gesamten Direktzahlungen geht an nur 10 Prozent der grössten Betriebe. Eine Umverteilung und Begrenzung der Direktzahlungen, weg von der Grössenlogik hin zu mehr Vielfalt, ist dringend notwendig. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert, die Direktzahlungen nach oben zu begrenzen und schneller abzustufen sowie einen Beitrag für mehr Strukturvielfalt einzuführen.

Mit dem einseitigen Anreiz zum Hektar-Wachstum vernachlässigt die Agrarpolitik ihren Verfassungsauftrag. Zudem läuft die Landwirtschaft so Gefahr, Sympathien und Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Die negativen Auswirkungen dieser Politik sind gross: Versorgungssicherheit, Tierwohl, Land- und Ressourcenschutz sind in Gefahr. Eine wirksame Obergrenze für Direktzahlungen ist sinnvoll und notwendig. Anstatt pauschale Flächenbeiträge müssen die Direktzahlungen einen klaren Anreiz zu mehr Vielfalt an und auf den Betrieben bieten. Ein Betriebs- bzw. Strukturvielfaltsbeitrag könnte beispielsweise zweistufig aus einem Basisbeitrag pro Betrieb anstatt wie heute pro Hektar und einem Beitrag, welcher echte Mehrleistungen im Bereich einer gesamtbetrieblichen Kreislaufidee abgilt, bestehen.

Die Betriebsgrösse ist, besonders für unsere kleinstrukturierte Schweiz, weder ein sinnvolles Ziel noch Richtgrösse. Für den Erfolg und die Resilienz eines Betriebs sind in der Regel ganz andere Faktoren wichtig. Eine sichere Versorgung kann vor allem mit mehr Vielfalt an Betrieben und innerhalb der Betriebe erreicht werden und mit vielen Händen und Köpfen mit zahlreichen Ideen. Es gilt deshalb, eine ökologische, soziale und wertschöpfungsintensive Landwirtschaft anzustreben. Diese Stossrichtung muss auch mit den Direktzahlungen konsequent verfolgt werden.

Schweizweit suchen junge, gut ausgebildete Landwirte und Landwirtinnen ohne familieneigenen Betrieb oft jahrelang erfolglos nach einem passenden Betrieb. Dies obwohl täglich zwei bis drei Betriebe wegen fehlender innerfamiliärer Nachfolge aufgelöst werden. Die Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergabe ist nicht nur bei der Vermittlung von Höfen aktiv, sondern engagiert sich auch politisch, damit für Quereinsteiger der Zugang zu Land erleichtert wird.

Beim Thema Hofübergabe kommt man um das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) nicht herum. In erster Linie soll dieses wichtige Regelwerk die Landwirtschaft vor Spekulationen schützen. Das BGBB stellt jedoch gleichzeitig eine Hürde bei der ausserfamiliären Übergabe von Betrieben dar, weil es auf die klassische innerfamiliäre Hofübernahme ausgerichtet ist. Die Kleinbauern-Vereinigung erarbeitet Lösungen, wie ein Einstieg von sogenannt Dritten in die Landwirtschaft erleichtert bzw. die Möglichkeit zur Übernahme von Betrieben verbessert werden könnte und bringt diese in den politischen Prozess ein. Die Herausforderung dabei: Ein erleichterter Zugang für ausserfamiliäre Hofübernehmerinnen soll die Übernahme innerhalb der Familie zum Ertragswert und den Schutz vor Bodenspekulation nicht schwächen.

Es ist höchste Zeit, dass die rechtlichen und finanziellen Hürden für die ausserfamiliäre Übernahme und neue, gemeinschaftlichere Bewirtschaftungsweisen gesenkt werden.

SAK-Faktoren (SAK steht für Standardarbeitskraft) sind ein theoretisches Mass, welches die Leistungen eines Betriebes abbilden soll. Für die Kleinbauern-Vereinigung wird die SAK den Leistungen der einzelnen Betriebe nicht gerecht und benachteiligt kleinere und mittlere Betriebe, beispielsweise bei der Hofübergabe. Deshalb fordert die Kleinbauern-Vereinigung eine Senkung der Gewerbegrenze.

Im bäuerlichen Bodenrecht spielt die SAK-Grenze eine entscheidende Rolle, denn sie definiert einen Betrieb als Gewerbe oder nicht. Diese Schwelle liegt in den meisten Kantonen bei 1.0 SAK. Gesetzlich haben die Kantone die Möglichkeit, die SAK-Grenze bis auf 0.6 SAK zu senken, was einige gemacht haben.

Ist ein Betrieb ein landwirtschaftliches Gewerbe…

  1. kann er zum Ertragswert an einen selbstbewirtschaftenden Erben verkauft werden. Dies erhöht die Chance auf ein Fortbestehen des Betriebes. Der Verkaufspreis ist somit innerhalb der Familie um ein Vielfaches tiefer, als wenn der Verkehrswert bezahlt werden muss.
  2. braucht es eine Bewilligung, wenn einzelne Grundstücke abgetrennt werden. So wird der Betrieb als Ganzes geschützt und ein stückweiser Verkauf verunmöglicht.
  3. können neue Wohnräume oder Gebäude für landwirtschaftsnahe Betriebszweige auch ausserhalb der Bauzone gebaut werden.
  4. ist der Pachtzins tendenziell tiefer als bei landwirtschaftlichen Grundstücken, was die Bauernfamilie entlastet.
  5. profitieren Bewirtschafterinnen je nach Kanton von steuerlichen Vorteilen.

Die Kleinbauern-Vereinigung setzt sich deshalb für eine Senkung der Gewerbegrenze ein und fordert, dass auch kleinere Betriebe von Entwicklungsmöglichkeiten und vereinfachten Rahmenbedingungen für die Hofübergabe profitieren.

 

Initiativen und Petitionen

Zahlreiche Initiativen rund um die Landwirtschaft machen deutlich, wie sehr das Thema die Gemüter der Schweizer Bevölkerung bewegt. In den Jahren 2017 und 2018 standen gleich vier Initiativen zu Ernährung und zum Tierwohl zur Abstimmung. Am 13. Juni 2021 wurde über die «Trinkwasserinitiative» und die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» abgestimmt. Und es geht weiter: Die Massentierhaltungs-Initiative ist bereits in der parlamentarischen Beratung und für die Umweltverantwortungsinitiative werden Unterschriften gesammelt. Je nach thematischer Ausrichtung unterstützt die Kleinbauern-Vereinigung Initiativen und Petitionen – ideell, bei der Unterschriftensammlung oder mit einer eigenen Kampagne. 

Gletscher-Initiative / Klimaschutz-Gesetz

2015 hat die Schweiz das Pariser Klimaabkommen 2015 ratifiziert. Die Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)», die 2019 vom Verein Klimaschutz Schweiz eingereicht wurde, fordert das ein, wofür sich die Schweizer Regierung zusammen mit über 190 Staaten in Paris verpflichtet hat. Die Initiative liefert die Rechtsgrundlage, um aus fossilen Energien auszusteigen und eine Netto-Null-Gesellschaft anzustreben.

In der Herbstsession 2022 hat das Parlament einen indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative verabschiedet. Das Initiativkomitee hat daraufhin die Gletscher-Initiative bedingt zurückgezogen. Die Initiant:innen machen damit den Weg frei für einen Meilenstein in der Klimapolitik. Der indirekte Gegenvorschlag gibt Ziele vor und ist ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität, Energiesicherheit und Unabhängigkeit von fossilen Energien.

Das Klimaschutz-Gesetz kommt am 18. Juni 2023 zur Abstimmung. Die Kleinbauern-Vereinigung sagt Ja und unterstützt das Gesetzt mit einer eigenen Kampagne. Auch wenn das Klimaschutz-Gesetz keine expliziten Massnahmen für die Landwirtschaft enthält, ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Es schreibt verbindliche Ziele fest und weist den Weg in eine Zukunft, die dem Klima und unseren Lebensgrundlagen Sorge trägt. Dies ist ganz im Sinne einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Landwirtschaft.

 

 

Biodiversitäts-Initiative

Die Lebensgrundlagen, die unsere Zukunft sichern, sind in Gefahr. Wichtige Lebensräume wie Auen und Moore drohen zu verarmen oder ganz zu verschwinden. Und mit ihnen Tier- und Pflanzenarten. Die biologische Veilfalt geht mit hoher Geschwindigkeit zurück. Auf politischer Ebene herrscht trotz des alarmierenden Zustands der Biodiversität Stillstand.

Die eidgenössische Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» will u.a. den Schutz der Biodiversität, der Landschaft und des baukulturellen Erbes in der Verfassung stärken und für die erforderlichen Flächen, Mittel und Instrumente für die Biodiversität sorgen.

Die Kleinbauern-Vereinigung unterstützt die Biodiversitätsinitiative, zusammen mit vielen weiteren Partnerorganisationen. Der Bundesrat hat die Initiative abgelehnt und ihr einen indirekten Gegenvorschlag entgegengestellt. Dieser wird in angepasster Form aktuell im Parlament beraten.

 

Umweltverantwortungs-Initiative

Klimakrise, Artensterben, Abholzung, Verschmutzung von Wasser und Böden – die Art und Weise wie wir wirtschaften, hat zu einer ganzen Reihe von Umweltkrisen geführt. Die Umweltverantwortungs-Initiative, 2021 lanciert durch die Jungen Grünen, will das ändern: Der Schutz der Umwelt soll zur Priorität werden und den Rahmen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft darstellen. Die Schweiz soll so produzieren und importieren, dass wir unsere Lebensgrundlagen nicht zerstören. Konkret heisst das: Die Umweltbelastung der Schweiz muss innerhalb von zehn Jahren so reduziert werden, dass wir die planetaren Grenzen einhalten.

Die Kleinbauern-Vereinigung unterstützt die Umweltverantwortungsinitiative. Sie wurde im März 2023 mit 105’940 validierten Unterschriften für formell gültig erklärt.

 

Jeder Hof zählt – Jetzt das Hofsterben stoppen 2022

In den letzten 40 Jahren hat sich die Anzahl Schweizer Bauernbetriebe mehr als halbiert. Doch eine kleinstrukturierte, vielfältige Landwirtschaft ist für die Biodiversität und im Kampf gegen den Klimawandel entscheidend. Mit der Petition «Jeder Hof zählt» forderte die Kleinbauern-Vereinigung den Bundesrat auf, Massnahmen gegen das Hofsterben zu ergreifen und eine vielfältige Landwirtschaft zu stärken.

Die Kleinbauern-Vereinigung reichte die Petition im November 2022 gemeinsam mit Partnerorganisationen und 13’367 Unterschriften ein. Die Reaktion des Bundesrates kam schnell und war ernüchternd. Seine Antworten bleiben oberflächlich und der grosse Wert einer vielfältigen Schweizer Landwirtschaft wird nicht erkannt.

 

Gentech-Petition 2018

Die gentechfreie Produktion ist Teil einer bäuerlichen Landwirtschaft und ein Qualitätsvorteil für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Doch die gentechfreie Schweiz kommt unter Druck, denn allen voran die Saatgutindustrie möchte neue gentechnische Verfahren vom Gentechnikgesetz ausnehmen. Seit Jahrzehnten wird versprochen, mit gentechnisch veränderten Pflanzen liessen sich Probleme wie der Welthunger, die Umweltbelastung durch Pestizide oder Mangelernährung beseitigen. Die Versprechen sind bis heute unerfüllt geblieben.

Nun sollen es neue gentechnische Verfahren richten. Obwohl auch mit diesen Verfahren direkt ins Genom eingegriffen wird, sollen diese Verfahren nicht mehr als Gentechnik reguliert werden. Das will die Kleinbauern-Vereinigung verhindern und lancierte zusammen mit der Schweizer Allianz Gentechfrei 2018 eine Petition. Diese forderte den Bundesrat auf, neue gentechnische Verfahren zwingend unter das Gentechnikgesetz zu stellen. Die Petition wurde am 31. August 2018 mit 30’000 Unterschriften eingereicht.

Massentierhaltungs-Initiative 2022

Die Initiative gegen Massentierhaltung (MTI) forderte das Ende der Massentierhaltung in der Schweiz. Dazu wollte sie den Schutz der Tierwürde in der Bundesverfassung verankern und den Bund beauftragen, Kriterien für eine tierfreundliche Haltung, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und maximale Gruppengrössen pro Stall festzulegen. Diese Vorschriften sollten auch beim Import von Tieren und tierischen Produkten aus dem Ausland gelten. 

Die MTI wurde von der Tierrechtsorganisation Sentience Politics lanciert. Eine breite Koalition von Tierschutz- und Umweltorganisationen wie dem Schweizer Tierschutz (STS), Greenpeace und der Kleinbauern-Vereinigung hat die MTI unterstützt.

Die Initiative wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Ökologie und Tierwohl gewesen und hätte die vielfältige und bäuerliche Landwirtschaft in der Schweiz gestärkt. Das Schweizer Stimmvolk hat die MTI am 25. September 2022 jedoch mit 62.9% Nein-Stimmen abgelehnt.

 

Pestizid-Initiative, 2021

Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» forderte ein Verbot von synthetischen Pestiziden. Der Import von Lebensmitteln, die solche enthalten oder mit synthetischen Pestiziden hergestellt wurden, sollte ebenfalls verboten werden. Im Gegensatz zur Trinkwasserinitiative, die gleichzeitig zur Abstimmung kam, wäre allerdings nicht nur die Landwirtschaft, sondern ebenso die öffentliche Hand sowie alle privaten Pestizidanwenderinnen in die Pflicht genommen worden. Ausserdem hätte die Initiative die umweltschädigende Lebensmittelproduktion nicht ins Ausland verlagert, sondern importierte Nahrung hätte ebenfalls ohne diese Stoffe hergestellt werden müssen.

Die Kleinbauern-Vereinigung hat die Initiative mit einer eigenen Kampagne «Zukunft sichern, pestizidfrei produzieren» unterstützt. Die Schweizer Stimmberechtigten haben die Initiative am 13. Juni 2021 mit 60,6% Nein-Stimmen verworfen.

 

Fair-Food-Initiative, 2018

Glückliche Tiere ohne Tierfabriken, Vielfalt statt Einfalt, faire Arbeitsbedingungen statt Ausbeutung, mehr regional und saisonal und Gutes auf den Teller statt in den Müll. So warben die Initianten für ihr Anliegen. Die Kleinbauern-Vereinigung war Teil des Unterstützungskomitees und befürwortete die Volksinitiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)». Die Schweizer Stimmberechtigten haben die Initiative am 23. September 2018 mit 61.3 % Nein-Stimmen verworfen.

Mit der Ablehnung der Initiative hat die Schweiz eine Chance vertan, auch für die Landwirtschaft ennet der Landesgrenze mehr Verantwortung zu übernehmen. «Für billige Lebensmittel zahlt am Ende immer jemand anderes: Die Menschen, die Tiere oder die Natur», erklärte Regina Fuhrer, damalige Präsidentin der Kleinbauern-Vereinigung. «Es ist keine Frage, ob wir uns als Gesellschaft für eine ökologische Produktion und fairen Handel entscheiden – wir haben längerfristig keine andere Wahl!»